Medizin

COVID-19: Nach dem Ende der Restriktionen steigt die Zahl der schweren Asthmaattacken

  • Freitag, 25. November 2022
/CROCOTHERY, stock.adobe.com
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London – Die Zahl der schweren Asthma-Exazerbationen, die zu Beginn der COVID-19-Pandemie infolge des Lockdowns und anderer Maßnahmen deutlich gesunken war, ist seit dem Ende der Restriktionen wieder an­gestiegen. Dies zeigen die Ergebnisse einer bevölkerungsbasierten Studie in Thorax (2020; DOI: 10.1136/thorax-2022- 219591).

Die meist von Viren ausgelösten Atemwegsinfektionen sind ein wichtiger Trigger für die Atemkrisen, die die Gesundheit und manchmal auch das Leben von Asthmapatienten gefährden. Zu Beginn der COVID-19-Pan­de­mie war befürchtet worden, dass die Zahl der Notfallaufnahmen und Krankenhausbehandlungen ansteigt. Der Lockdown und die anschließenden Coronarestriktion haben dies in vielen Ländern verhindert.

Im letzten Jahr konnten Gwyneth Davies von der Universität Swansea und Mitarbeiter zeigen, dass die Zahl der Patienten, die in Wales und Schottland wegen einer Asthma-Exazerbation im Krankenhaus behandelt wurden, während des Lockdowns um 36 % gesunken war (Thorax 2021; DOI: 10.1136/thoraxjnl-2020-216380).

Inzwischen wurden die meisten Einschränkungen aufgehoben. Eine Folge war ein Anstieg der Exazerbatio­nen. Ein Team um Adrian Martineau von der Queen Mary University of London kann dies an den Antworten von Teilnehmern der Studie „COVIDENCE UK“ zeigen. Sie befragt seit Oktober 2020 eine Kohorte von 19.981 Briten monatlich nach ihrem Befinden. Zu Beginn hatten 2.666 Teilnehmer angegeben, an Asthma zu leiden.

In den ersten Monaten herrschten in Großbritannien noch Einschränkungen im öffentlichen Leben. Die Alpha-Welle führte in England ab dem 5. November zu einem 4-wöchigen Lockdown. Ein weiterer Stillstand des öffentlichen Lebens folgte im Januar.

Die Asthmapatienten der COVIDENCE-Kohorte hielten sich streng an die Maskenpflicht, mieden den öffentli­chen Nahverkehr und den Besuch von Geschäften und anderen öffentlichen Gebäuden. Auch private Besuche wurden deutlich eingeschränkt.

Die Restriktionen wurden ab April wieder aufgehoben. Dies hatte nicht nur eine Zunahme der sozialen Kon­takte zur Folge. Martineau kann zeigen, dass auch die Zahl der Asthma-Exazerbationen wieder zunahm. Im April 2021 hatten noch 1,7 % der Teilnehmer angegeben, im Vormonat einen schweren Asthmaanfall gehabt zu haben. Im Januar 2022 hat sich dieser Anteil auf 3,7 % mehr als verdoppelt.

Noch deutlicher war der Anstieg bei den Teilnehmern, die eine Atemwegsinfektion erlitten. Nach dem Ende der Restriktionen war zunächst die Inzidenz anderer Virusinfektionen angestiegen. Unter den infizierten Asthmatikern kam es zu einer deutlichen Zunahme der Exazerbationen. Martineau ermittelt eine adjustierte Odds Ratio von 5,75, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 4,75 bis 6,97 statistisch signifikant war.

Im weiteren Verlauf des Jahres nahmen dann auch die COVID-19-Fälle zu. Auf eine Delta-Welle folgte Ende des Jahres die erste Omikron-Welle. Auch SARS-CoV-2 triggerte bei den Asthma-Patienten akute Atemkrisen. Martineau ermittelt für die Zeit der Delta-Welle eine Odds Ratio von 5,89 (3,45-10,04), während der Omikron-Welle betrug die Odds Ratio 5,69 (3,89-8,31).

Beide Virusvarianten unterschieden sich damit nicht, und SARS-CoV-2 löste anders als befürchtet auch nicht häufiger eine Asthma-Exazerbation aus als andere Viren. Dabei könnte es eine Rolle gespielt haben, dass COVID-19 in der größtenteils geimpften Bevölkerung in der Regel milde verlief.

rme

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