COVID-19: Plasma von Rekonvaleszenten senkt Sterberisiko von beatmeten Patienten auf Intensivstation

Lüttich – Eine Behandlung mit Rekonvaleszentenplasma, die bei Patienten mit milderem Krankheitsverlauf ohne eindeutige Wirkung blieb, hat in einer randomisierten Studie bei Intensivpatienten, die wegen eines akuten Atemnotsyndroms (ARDS) invasiv beatmet wurden, die Sterblichkeit signifikant gesenkt.
Das Erfolgsrezept könnte nach der im New England Journal of Medicine (2023; DOI: 10.1056/NEJMoa2209502) publizierten Studie eine frühzeitige Behandlung und die Verwendung von Plasma mit einer hohen Konzentration von neutralisierenden Antikörpern sein.
Das belgische Rote Kreuz hatte zu Beginn der Pandemie in einer Kampagne Personen, die sich von COVID-19 erholt hatten, um Plasmaspenden gebeten. Die Spenden waren für Patienten vorgesehen, die schwer an COVID-19 erkrankt waren und auf Intensivstationen wegen eines ARDS beatmet werden mussten.
Benoît Misset von der Universitätsklinik in Lüttich und Mitarbeiter stand für ihre Studie zunächst ein Rekonvaleszentenplasma mit einem hohen Antikörpertiter von 1:320 zur Verfügung, das gleich von zwei Universitätslabors mit Spezialtests auf ihre Eignung geprüft wurde. Erst im Verlauf der Studie ließ die Spendebereitschaft nach, und die Mediziner mussten sich mit einem Titer von 1:160 begnügen.
An 17 Intensivstationen des Landes wurden für die CONFIDENT-Studie zwischen September 2020 und März 2022, also während der Alpha-, Delta- und Omikron-Wellen, insgesamt 475 Patienten auf eine Infusion von Rekonvaleszentenplasma oder eine Standardversorgung randomisiert. Bei der Aufnahme hatten 47 Patienten (9,9 %) ein leichtes ARDS, 274 (57,7 %) ein mittelschweres ARDS und 154 (32,4 %) ein schweres ARDS. Insgesamt 98,1 % der Patienten wurden mit Glukokortikoiden behandelt.
Bis zum 28. Tag waren in der Gruppe mit Rekonvaleszentenplasma 84 von 237 Patienten (35,4 %) gestorben gegenüber 107 von 238 Patienten (45,0 %) in der Gruppe mit Standardversorgung. Der Unterschied von 9,6 %-Punkten war nach den Berechnungen von Misset statistisch signifikant (p=0,03).
Die belgischen Mediziner hatten sich bemüht, die Patienten möglichst frühzeitig nach dem Beginn der invasiven Beatmung zu behandeln. Tatsächlich war der Unterschied bei den Patienten, die ihre Infusion innerhalb der ersten 48 Stunden erhielten, am größten: In der Gruppe mit Rekonvaleszentenplasma starben nur 56 von 171 Patienten (32,7 %) gegenüber 80 von 171 Patienten (46,8 %) in der Vergleichsgruppe, was eine Differenz von 14,1 %-Punkten ergibt. Bei einer späteren Infusion hat das Rekonvaleszentenplasma die Sterberate nicht mehr gesenkt.
Die Auswirkungen der Behandlung zeigten sich nicht sofort. Die Überlebenskurven der beiden Gruppen trennten sich erst am 17. Tag nach der Infusion. Interessanterweise erreichten nicht alle Zentren gleich gute Ergebnisse. In einem Zentrum waren die Ergebnisse sogar schlechter als in der Vergleichsgruppe. Die Gründe hierfür sind unklar.
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