„Cranberry“-Kapseln beugen Harnwegsinfektionen in Studie nicht vor

New Haven – Die tägliche Einnahme von Kapseln mit Proanthocyanidin, das aus der amerikanischen Cranberry gewonnen wird, hat in einer randomisierten Doppelblindstudie Bewohnerinnen von Altersheimen nicht vor Harnwegsinfektionen geschützt, wie eine Publikation im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2016; doi: 10.1001/jama.2016.16141) zeigt.
Die amerikanische Cranberry (Vaccinium macrocarpon), die im Geschmack sehr herb und deutlich saurer ist als die deutsche Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea), ist in den USA seit langem ein Hausmittel gegen Harnwegsinfektionen.
Die Anwendung reicht in die Zeit vor Einführung der Antibiotika zurück, als die Infektionen durch Säuerung des Harns behandelt wurden. Dazu müssen allerdings größere Mengen verzehrt werden, was heute die wenigsten Menschen schaffen, schon gar nicht Bewohnerinnen von Altersheimen, die eine wichtige Zielgruppe für die präventive Behandlung mit Cranberries sind.
Die Anbieter sind deshalb dazu übergegangen, Extrakte in Form von Kapseln anzubieten. Infektiologen der Yale School of Medicine in New Haven/Connecticut haben die Kapseln eines US-Herstellers jetzt in einer sorgfältig geplanten randomisierten Studie an 185 Heimbewohnerinnen (mittleres Alter 86,4 Jahre) getestet. Einschlusskriterien waren weibliches Geschlecht, ein Alter über 65 Jahre und ein langfristiger Aufenthalt in einem Altersheim. Frühere Harnwegsinfektionen waren keine Voraussetzung.
Allerdings hatten zu Beginn der Studie, was bei Frauen in dem Alter nicht ungewöhnlich ist, 31 Prozent der Teilnehmerinnen eine positive Bakterienkultur sowie Entzündungszellen im Urin (Bakteriurie plus Pyurie). Die Untersuchungen wurden im Verlauf eines Jahres alle zwei Monate wiederholt. In dieser Zeit nahmen die Frauen täglich zwei Kapseln ein, die entweder ein Placebo oder jeweils 36 mg Proanthocyanidin enthielten. Dies entspricht der Menge, die in 20 Unzen (566 Gramm) Cranberry-Saft enthalten sind.
Primärer Endpunkt waren eine Bakteriurie plus Pyurie in einer der zweimonatlichen Harnuntersuchungen. Wie Manisha Juthani-Mehta und Mitarbeiter der Yale School of Medicine berichten, nahmen 80 Prozent der Frauen ihre Kapseln regelmäßig ein. Trotz dieser guten Adhärenz erzielten die Kapseln keine Wirkung. Positive Harntests mit Bakteriurie plus Pyurie traten bei 29,1 Prozent der mit Proanthocyanidin behandelten Frauen auf gegenüber 29,0 Prozent in der Placebo-Gruppe.
Auch in sekundären Endpunkten wie der Anzahl der symptomatischen Harnwegsinfektionen (10 versus 12 Episoden), der Sterblichkeit (17 versus 16 Todesfälle), der Häufigkeit von Hospitalisierungen, der Anzahl der Antibiotika-Verordnungen (wegen Verdachts auf Harnwegsinfektionen oder insgesamt) gab es keine Unterschiede.
Für Lindsay Nicolle von der Universität von Manitoba in Winnipeg/Kanada sind die Ergebnisse der Studie ein klarer Beleg dafür, dass Cranberry-Extrakte keinen Nutzen in der Prävention von Harnwegsinfektionen haben. Die fortgesetzte Bewerbung von Cranberries in den Medien stimme nicht mit den wissenschaftlichen Daten überein, da in Studien wiederholt kein Nutzen nachgewiesen werden konnte, schreibt die Editorialistin.
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