Blick ins Ausland

Darfur/Sudan: Hilfe in einer humanitären Katastrophe

  • Dienstag, 21. Dezember 2004

Nach Jahrzehnte dauernden Auseinandersetzungen zwischen der sudanesischen Regierung und nach Autonomie strebenden Gruppen, ist es im Süd-West-Sudan, in Darfur, einer Provinz von der Größe Frankreichs, zu einer humanitären Katastrophe gekommen, die in der internationalen Diskussion bereits als Völkermord bezeichnet wird. Durch räuberische Überfälle von arabischstämmigen Reitermilizen, den Janjaweed, wurden zahlreiche Dörfer afrikanischstämmiger Ackerbauern zerstört, die Bewohner vertrieben, viele wurden getötet. Untersuchungen belegen, dass die Regierung die Janjaweed mit Waffen und Geld versorgt.

Millionen Menschen sind auf der Flucht, sind in riesigen Lagern in Darfur oder jenseits der Grenze im Tschad untergebracht.

Die Organisation Humedica in Kaufbeuren beteiligt sich seit August 2004 an der internationalen Hilfsaktion. Ein erstes Team – Geschäftsführer Wolfgang Groß, der Krankenpfleger Kurt Heimann, Fatih Celik als Koordinator und ich – flog am 12.August mit neun großen Rollcontainern voller Medikamente über Dubai nach Khartoum. Wir genossen hohe Protektion: Der Vizepräsident der sudanesischen Nationalversammlung, Angelo Beda, holte uns vom Flughafen ab, wir wurden empfangen vom Gesundheitsminister, vom Staatssekretär im Ministerium für Humanitäre Angelegenheiten, vom politischen Berater des Präsidenten. Dennoch benötigten wir für die Abwicklung der Bürokratie fast eine Woche Zeit.
Nach der Zahlung von 1 000 Dollar wurde Humedica als NGO ( Nicht- Regierungsorganisation) registriert, und es wurde uns die Genehmigung erteilt, in Darfur Hilfe zu leisten.

In Nyala, einer bedeutenden Stadt in Süd-Darfur, wurden wir nach einem Empfang beim Gesundheitsminister von Darfur in einem Gästehaus untergebracht. Unser erster Einsatzort war das Dorf Sani Daleba, 25 Kilometer und eineinhalb Autostunden von Nyala entfernt. Hier leben in primitiven Hütten und nach der Zerstörung notdürftig wiederhergestellten Lehmhäusern Tausende zurückgekehrte Flüchtlinge. Wegen der prekären Sicherheitslage in der Umgebung von Sani Daleba – in der Nähe leben nach Aussage von UN-Mitarbeitern Janjaweed- Milizen – mussten wir unseren Einsatz dort abbrechen.

Doch es ergab sich schell ein anderes Einsatzgebiet. Ein sudanesischer UNICEF-Mitarbeiter berichtete mir über die Situation in einem Lager im Vorstadtbereich von Nyala. Wie sein handschriftlicher Bericht dokumentierte, leben dort seit vier Monaten 48 000 Flüchtlinge, ohne dass sie versorgt würden: „Keine Gesundheitsversorgung, keine Latrinen, umliegende Krankenhäuser verlangen Gebühren, kein Transport von Kranken in die Krankenhäuser.“
Nach einem Besuch des Lagers begannen wir mit dem Aufbau einer Tagesklinik. In den uns noch verbliebenen sieben Tagen behandelte ich unter recht schwierigen Bedingungen 1 084 Patienten, mehrheitlich Frauen und Kinder. Der Ansturm war zeitweise beängstigend, viele mussten nach Einbruch der Dunkelheit abgewiesen werden, weil es kein Licht gab.

Dennoch sind wir vom Sinn und Wert unseres Einsatzes überzeugt: Wir konnten den Flüchtlingen, die im Lager unter kaum beschreibbaren elenden Bedingungen leben, den Eindruck vermitteln, dass ihnen geholfen wird. Sie lohnten es uns mit deutlicher Dankbarkeit.

Das nächste Team, wieder bestehend aus einem Arzt, einem Pfleger und einem Koordinator, ist vor Ort, weitere Einsätze von jeweils dreiwöchiger Dauer sind geplant. Humedica sucht für diese und andere Einsätze dringend Ärztinnen und Ärzte. Kontakt: Humedica e.V., Goldstraße 7-9, 87600 Kaufbeuren, Telefon: 0 83 41/9 66 14 80, E-Mail: info@humedica.org, Internet: www.humedica.org, Spendenkonto 47 47, Sparkasse Kaufbeuren, BLZ: 734 500 00.

Dr. med. Gerald Joram

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