Medizin

Darm- und Brustkrebsscreening bei kurzer Lebenserwartung nicht sinnvoll

  • Mittwoch, 16. Januar 2013
dapd
dapd

San Francisco – Eine Früherkennungsuntersuchung auf Mammakarzinom oder Kolorek­talkarzinom ist nach Berechnungen im British Medical Journal (BMJ 2013; 346: e8441) nur dann sinnvoll, wenn die Patienten noch eine Lebenserwartung von mindes­tens zehn Jahren haben.

Beim Prostatakarzinom-Screening ist das Problem lange bekannt. Viele Patienten, bei denen mit dem PSA-Test eine Krebserkrankung diagnostiziert wird, sterben aus anderen Gründen, bevor der Tumor das Endstadium erreicht hat. Doch auch beim Mamma- und Kolorektalkarzinom beträgt der „time lag to benefit“, die Dauer bis zum möglichen Nutzen des Screenings, viele Jahre.

Für den einzelnen Patienten ist er nicht vorhersehbar, aus klinischen Studien lässt sich aber ableiten, wie viele Jahre vergehen, bis einer bestimmten Anzahl von Patienten durch das Screening das Leben gerettet wird. Sei Lee von der Universität von Kalifornien in San Francisco hat diese Berechnungen für das Brustkrebsscreening mit der Mammo­graphie und die Darmkrebsfrüherkennung mit dem Stuhltest auf okkultes Blut durch­geführt. Für die heute bevorzugte Koloskopie lagen keine ausreichenden Daten aus klinischen Studien vor.

Für die Mammographie konnte Lee auf fünf randomisierte Studien mit bis zu 61.000 Frauen zurückgreifen. Der Autor errechnet daraus, dass das Screening in den ersten 3,0 Jahren einer von 5.000 Frauen das Leben retten. Nach 10,7 Jahren beträgt das Verhältnis 1 zu 1.000.

Ähnlich war die Situation beim Stuhltest-Screening auf das Kolorektalkarzinom. Hier kann sich Lee auf vier Studien mit bis zu 150.000 Teilnehmern stützen. Laut seinen Berech­nungen rettet das Screening nach 4,8 Jahren einem von 5.000 Gescreenten das Leben. Nach 10,3 Jahren ist es einer von 1.000.

Das Verhältnis 1 zu 1000 ist für Lee ein guter Grenzwert, da er ungefähr dem Anteil der Gescreenten entspreche, bei denen es infolge der Früherkennung zu falsch-positiven Befunden und einer Übertherapie komme. Für beide Krebserkrankungen sei ein Screening deshalb nur sinnvoll, wenn die Lebenserwartung noch mindestens 10 Jahre betrage. Bei einer Lebenserwartung von 5 Jahren seien die Nachteile auf jeden Fall höher als der Nutzen, findet Lee.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung