Das elektronische Rezept
Seit dem 1. Januar 2012 müssen alle Rezepte in Minnesota elektronisch verschrieben werden, also ein eRezept (eprescription) sein. Ausgenommen sind nur Medikamente, die ein deutliches Missbrauchspotenzial haben, wie beispielsweise Narkotika oder Benzodiazepine. Unser Krankenhaus hat dieses Gesetz schon vor Jahren umgesetzt und schon seit Jahren verschreiben wir unsere Medikamente elektronisch, seit 2012 eben noch konsequenter.
Logistisch hat man sich das wie folgt vorzustellen: Der Patient wird bei Aufnahme bzw. wenn wieder kognitiv ansprechbar, nach seiner bevorzugten Apotheke gefragt. Er gibt dann z.B. eine Apotheke in einem bestimmten Supermarkt im Walmart im Süden von Minneapolis an. Die Krankenschwester tippt diese Angabe elektronisch in unsere digitale Patientenakte ein, klickt auf die dann erscheinende Adresse der Apotheke, gleicht sie nochmals mit dem Patienten ab und speichert das alles im EDV-System.
Wenn es dann auf die Patientenentlassung zugeht, bespricht der Arzt alle neuen und modifizierten Medikamente mit dem Patienten, bestätigt nochmals seine Apothekenwahl und schickt dann elektronisch alle relevanten Rezepte mittels Mausklick an die gewünschte Apotheke. Der Patient muss auf seinem Heimweg nur noch bei ihr vorbeigehen und die auf ihn dort wartenden Medikamente abholen.
Das klingt gut, hat aber Vor- und Nachteile. Die Vorteile liegen auf der Hand: Geringe Wartezeiten, Reduktion des Papier-, Schreib- und Bürokratiebedarfs und hierdurch letztlich wohl eine Kostenersparnis (sieht man vom teuren Kauf und Wartung des EDV-Systemes ab). Aber wenn z.B. in letzter Minute sich Medikamentenänderungen ergeben, dann wird das System zu einer lahmen Ente: Man muss die Apotheke anrufen und das alte Rezept stornieren und ein neues elektronisch hinschicken.
Werden solche Anrufe nicht getätigt – was öfters vorkommt – hat der Patient plötzlich mehrere neue Medikamente und weiß nicht welches er nun einnehmen soll: Antibiotikum A oder B? Weiterhin passiert es nicht allzu selten, daß der Patient plötzlich nicht mehr die von ihm ursprünglich angegebene Apotheke nutzen will, sie schon geschlossen ist, und er das Antibiotikum erst in ein oder zwei Tagen abholen kann oder er über das Internet seine Medikamente beziehen will, da billiger.
Außerdem müssen bestimmte Medikamente mit Missbrauchspotential weiterhin in Papierform aus Sicherheitsgründen ausgegeben werden, weil dann neben den Verschreibungsnummern des Arztes auch noch seine Unterschrift zentral abgeglichen werden kann. Somit ist das elektronische Verschreibungssystem wie so vieles: Zwar eine Verbesserung im Verhältnis zum Papierzeitalter der 1990er Jahre, eine Notwendigkeit angesichts der ubiquitären Technologisierung, aber eben nicht der Riesenschritt wie er von der US- und Minnesota-Regierung gefeiert wird. Einen Stift muß ich also auch noch im Jahr 2012 mit mir herumtragen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: