Medizin

Depression: Hirnschrittmacher zeigt langfristig Wirkung

  • Mittwoch, 4. April 2012

Bonn – Die tiefe Hirnstimulation bietet ausgewählten Patienten mit schwerster therapie­refraktärer Depression möglicherweise eine langfristige Linderung ihrer Beschwerden. Dies zeigen neue Studienergebnisse in Neuropsychopharmacology (2012; doi: 10.1038/npp.2012.44).

Dass die tiefe Stimulation des Nucleus accumbens, der Teil des Belohnungssystems im Gehirn ist, Depressionen lindert, war ursprünglich bei Parkinson-Patienten aufgefallen, für die der „Hirnschrittmacher“ inzwischen zu den etablierten Therapien ihre Bewegungs­störung gehört. Bei vielen Patienten kommt es – gewissermaßen als positive Nebenwirkung – zu einer Stimmungsaufhellung. Die Gruppe um Thomas Schlaepfer von der Bonner Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie hat deshalb vor Jahren eine Therapieserie begonnen.

Alle 11 Teilnehmer litten unter schwersten Depressionen, die auf andere Therapien nicht angesprochen hatten. Manche hatten bis zu 60 vergebliche Behandlungen mit Psychotherapie, Medikamenten und Elektrokrampftherapie hinter sich, berichten die Bonner Forscher.

Vor zwei Jahren hatte das Team um Schlaepfer bereits berichtet, dass die Hirnstimulation bei 5 der 11 Patienten eine gute Wirkung erzielt (Biol Psychiatry. 2010; 67: 110-6). Die Teilnehmer der Studie zeigten bereits nach kurzer Zeit eine Besserung der Depression, berichten die Psychiater. Auch die Intensität der Angstsymptome habe abgenommen, der Antrieb der Probanden wurde gesteigert, die Lebensqualität verbessert.

Jetzt stellt die Gruppe ihre Langzeitergebnisse nach bis zu vier Jahren vor. Alle 5 Responder sind weiterhin in Remission. Die antidepressive und anxiolytische Wirkung der Hirnstimulation halte weiter an. Schwerwiegende Nebenwirkungen seien bisher nicht zu verzeichnen. Einer der Non-Respondern hat sich allerdings das Leben genommen. Schlaepfer führt dies auf die Erkrankung zurück. Einen Zusammenhang mit der Therapie bestehe nicht.

Der Wirkungsmechanismus der tiefen Hirnstimulation ist – wie übrigens auch beim Morbus Parkinson – weitgehend unbekannt. In der früheren Studie hatten die Forscher mittels Positronenemissionstomographie (PET) zeigen können, dass der Stoffwechsel im subgenualen Cingulum (Brodmann Area 25) und in präfrontalen Regionen vermindert wird.

Die Bonner Psychiater sehen in der tiefen Hirnstimulation einen möglichen Therapie­ansatz für Patienten mit schwersten Formen von therapierefraktären Depressionen. Solange keine Ergebnisse aus größeren randomisierten Studien vorliegen, dürfte die Therapie jedoch auf wenige Forschungszentren beschränkt bleiben.

rme

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