Der Bundeswehr fehlen Ärzte

Berlin – Die Lage im Sanitätsdienst der Bundeswehr ist dramatisch: Erfahrene Ärzte gehen, es gibt zu wenig Nachwuchs. Besonders bei Notfallmedizinern, Chirurgen, Anästhesisten und dem OP-Personal herrscht Mangel.
Im Amtsdeutsch des Verteidigungsministeriums klingt das so: „Die Personalsituation im Sanitätsdienst der Bundeswehr ist insgesamt weiter als kritisch anzusehen.“ Das schrieb im vergangenen Herbst Staatssekretär Rüdiger Wolf an den Bundestagsabgeordneten Jürgen Koppelin.
Derzeit verfügt der Sanitätsdienst über knapp 19.800 Dienstposten für Soldaten und 9.200 für Zivilbedienstete. Nach ersten Informationen zur Bundeswehrreform könnte die Zahl der Soldaten auf weniger als 14.000 schrumpfen. Dabei kann der Sanitätsdienst schon jetzt seinen Auftrag nicht mehr ohne zivile Vertragsärzte erfüllen.
Mehr als 1.400 dieser Mediziner brauchte die Bundeswehr zu Beginn des Jahres 2011. Ohne sie würde im Durchschnitt nur die Hälfte des benötigten Personals zur Verfügung stehen.
Vor allem für viele Angehörige chirurgischer Disziplinen bedeutet Sanitätsdienst heute, regelmäßig in riskante Auslandseinsätze zu gehen und in Deutschland im Bundeswehrkrankenhaus Überstunden zu leisten.
So schreibt der Staatssekretär, dass 300 Mediziner insgesamt 40.000 Überstunden im Jahr 2009 nicht abbauen konnten. Weiter heißt es, Bundeswehrärzte haben 1.000 bis 2.000 Euro weniger Grundgehalt im Monat als ihre zivilen Kollegen. Zudem bekommen sie ihre 24-stündigen Bereitschaftsdienste mit 50 Euro vergütet, während zivile Kollegen dafür zwischen 420 und 630 Euro erhalten.
Erwartet wird von ihnen dabei hohe zeitliche und räumliche Flexibilität, weswegen Dienst und Familie nur schwer unter einen Hut zu bringen sind. Das gleiche gilt auch für die Pflegekräfte und Sanitäter.
Mitte 2011 fehlen mehr als 500 Ärzte
Das Verteidigungsministerium versucht, dem Mangel entgegenzuwirken. In Fachgebieten wie der Rettungsmedizin, in denen Personal besonders knapp ist, wird eine Zulage von 600 Euro im Monat gezahlt.
Es gibt schnellere Zusagen für fachärztliche Weiterbildungen und es wird um Seiteneinsteiger geworben. Weitere Vergünstigungen, Höherstufungen und Ausgleichsmaßnahmen würden, heißt es im Jargon des Verteidigungsministeriums, „umgesetzt oder eingeleitet“.
Trotzdem fehlten Anfang Juni 2011 fast 340 Ärzte. Weitere 200 Dienstposten waren aus familiären und gesundheitlichen Gründen oder aufgrund von Teilzeitregelungen praktisch vakant. Viele der geplanten Verbesserungsmaßnahmen kosten Geld, die Abstimmung mit anderen Ressorts ist notwendig.
Sie könnten deswegen nur mittel- bis langfristig umgesetzt werden, kritisierte der Wehrbeauftragte des Bundestages Hellmut Königshaus (FDP) in seinem letzten Bericht. „Das ist angesichts der dringenden Probleme nicht ausreichend.“
Königshaus forderte, dass trotz Bundeswehrreform und Sparzwang der medizinische Versorgungsstandard für die Soldatinnen und Soldaten nicht beeinträchtigt werden dürfe. Zudem müssten Familie und Dienst endlich besser vereinbar werden.
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