Dr. werden ist nicht schwer...

Der Deutsche und das Schweizer Votum

  • Donnerstag, 13. Februar 2014

Als Deutscher mit Migrationshintergrund, der bereits in der Schweiz gearbeitet hat und sich aktuell erneut mit Schweizplänen beschäftigt, habe ich das Votum der Eidgenossen und die gemischten Reaktionen in Deutschland sehr interessiert verfolgt. Nun überrascht mich das Ergebnis nicht wirklich. Bereits die Ausschaffungsinitiative und das Minarettverbot führten zu Erfolgen nationalistisch moti­vierter Initiativen.

Obgleich die Stimmberechtigten die Wahlpapiere samt Rückumschlag und ein Informationsheft mit Details der Initiative sowie Wahlempfehlung des Bundesrats erhalten hatten, nahmen nur rund 56% der Berechtigten ihr Abstimmungsrecht wahr. Nun mag das gemessen an der Erfahrung mit derartigen Abstimmungen sehr viel sein, relativiert aber Aussagen von Deutschen in der Schweiz, die nun behaupten, dass ja jeder zweite gegen sie sei. 

Die SVP wurde nun vom Bundesrat aufgefordert, praktikable Vorschläge zu machen, wie die Initiative umzusetzen sei. Die Umsetzung muss innerhalb von drei Jahren vollzogen sein. Es ist schwer vorstell­bar, dass die aktuelle Version gänzliche Vollendung finden wird. Ich bin sogar recht optimistisch, dass die Neuverhandlung der Verträge mit der EU Verbesserungen für beide Seiten mit sich bringen und auf das Schweizer Interesse an qualifizierten Kräften keine negativen Einfluss haben wird. Dies mag naiv erscheinen.

Leider wird das aktuelle Thema genutzt, um bekannte Missklänge auf der alten Leier nachzuspielen. Doch wer die Schweiz nun wegen vermeintlicher Ausländerfeindlichkeit schmähen mag, sollte sich mit der Frage auseinandersetzen, wie ein ähnliches Votum in Deutschland ausfallen würde. Wem das zu abstrakt ist, der mag sich vielleicht lieber daran erinnern, dass CDU und CSU einst Millionen Unterschriften gegen die doppelte Staatsbürgerschaft sammelten. Vom immer wiederkehrenden Fischen im rechten Wählerspektrum durch vermeintliche Einzelgänger dieser Parteien einmal abgesehen…

Auch kann ich die nun ausgekramten und hervorgehobenen Klagelieder der Deutschen, welche in der Schweiz leben und darunter leiden, dass sie beim öffentlichen Fußballgucken angefeindet wurden, oder dass ein Auftritt als Hochdeutschsprachler für reservierte Reaktionen sorgt, nicht mehr hören. Ich selbst gehe in Deutschland nicht mehr zum Gucken von Spielen der Nationalmannschaft auf öffentlichen Plätzen, weil ich auf die Erfahrung weiterer Anfeindungen verzichten mag.

Und wenn ich kein sauberes Deutsch sprechen, sondern passend zu meinem Aussehen (das mir schon Anreden wie „Zug nix halten in Hauptbahnhof, Du aussteigen Südbahnhof“ [plus entsprechende Gesten falls ich doch taub sein oder gar nix verstehen sollte] einbrachte) den von Kaya Yanar in perfekter Selbstironie gespielten Fremdassislang von mir geben würde, wären für mich sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz reservierte Reaktionen reserviert.

Findet das Schweizer Votum nicht schlimm genug für eine oberflächliche, affektierte Debatte ohne Selbstreflektion,

Euer Anton Pulmonalis

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