Der deutschsprechende "Migrationsarzt"
Es passiert immer wieder, dass Kollegen mich auf einen deutschsprechenden Arzt hinweisen. Meistens sind es Ärzte, die in der Schulzeit deutsch gelernt haben, und wir reden dann ein paar Minuten im Kauderwelsch englisch-deutsch höfliche Takte miteinander.
Seltener hingegen treffe ich einen Arzt, der wirklich in Deutschland ausgebildet worden ist, und damit fließend deutschsprechend ist; wir deutschen Ärzte scheinen echte Mangelware im riesigen Land USA zu sein, trotz des massiven Einflusses deutscher Kultur im hiesigen Raum und trotz Abertausenden an jährlicher Zuwanderern.
Von den wenigen deutschsprechenden Ärzten, die ich mittlerweile angetroffen habe, besitzt interessanterweise eine Großzahl unter ihnen Migrationshintergrund. So gibt es einen Iraner, der für sein Medizinstudium nach Deutschland gegangen ist und dann nach zwei Jahren ärztlicher Tätigkeit in die USA übergesiedelt ist und hier nun schon seit vielen Jahren tätig ist. Oder ein Arzt aus Syrien, dessen Eltern nach Deutschland eingewandert sind, als er ein junger Kerl war, und der nach dem Medizinstudium ebenfalls in die USA zog und hier seit fünf Jahren ärztlich arbeitet.
Etliche mehr habe ich bisher getroffen, sei es eine Chinesin oder einen Nigerianer, die allesamt im exzellenten Deutsch mit mir fachsimpeln konnten, viele Jahre in Deutschland gelebt und persönliche Bindungen aufgebaut haben, die aber beruflich bedingt nicht in Deutschland bleiben, sondern in den USA arbeiten wollten.
Die Gründe sind stets die üblichen: Bessere Vergütung, Forschungsbedingungen und Abeitsklima sowie stärkere Meritokratie. Diese überproportionale Abwanderung ausländischer Ärzte spiegelt sich auch in der Statistik der Bundesärztekammer wider: 33,2% aller im Jahr 2012 abgewanderten Ärzte waren nicht-deutsch (http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.3.11372.11383), bei einem Anteil an ausländischen Ärzten von etwas weniger als 10% in Deutschland.
Es müsste einmal über den intellektuellen Fortzug - "brain drain" auf englisch - aus Deutschland diskutiert werden; aber bekanntermaßen hat die Politik andere Prioritäten.
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