„Der Sparkurs ist eine große Belastung“
Köln – Der Ausbruch eines gegen relevante Antibiotikagruppen resistenten Stammes von Acinetobacter baumannii im Kieler Standort des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein trifft die Hochschulmedizin des Landes in einer Phase des Um- und Aufbruchs.

5 Fragen an Prof. Dr. med. Ulrich Stephani – Direktor der Klinik für Neuropädiatrie und Dekan der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
DÄ: Zum Ausbruch des sogenannten 4 MRGN-Stammes von Acinetobacter baumannii – wie ist der Sachstand im Augenblick?
Stephani: Zusammengefasst konnte bei zwölf verstorbenen schwerkranken Patienten eine Kolonisation nachgewiesen werden. Bei dreien von diesen zwölf Patienten ist es bislang nicht sicher ausgeschlossen, dass der Keim zum Tod der Patienten beigetragen hat. Das UKSH arbeitet intensiv auch mit externen Experten zusammen, um den Ausbruch einzudämmen und die Infektion und Kolonisation weiterer Patienten zu verhindern. Es gilt ein Aufnahmestopp für die betreffenden Stationen. Die Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie und das Kieler Gesundheitsamt bescheinigen dem UKSH, alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen zu haben. Über neue Erkenntnisse und Maßnahmen informieren der Vorstand und unsere Experten umgehend.
DÄ: Die Keimaffäre trifft das UKSH in einer Zeit besonderer Belastungen – womit hat die Hochschulmedizin in Schleswig-Holstein grundsätzlich zu kämpfen?
Stephani: Das UKSH und die Hochschulmedizin in Schleswig-Holstein leiden unter den Einsparungen, die das Land in vielen Bereichen wegen der Schuldenbremse umsetzen muss beziehungsweise umgesetzt hat. Das Land hat den sogenannten Landeszuführungsbeitrag für die Hochschulmedizin in den vergangenen Jahren um rund 20 Millionen Euro gesenkt.
Im direkten Vergleich mit der Charité und der Medizinischen Hochschule Hannover ist der Landeszuschuss pro Studierendem in Schleswig-Holstein der niedrigste. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt wird in Schleswig-Holstein am wenigsten Geld in die Hochschulen investiert. Im bundesweiten Vergleich bilden wir das Schlusslicht.
Der Hochschulmedizin Schleswig-Holstein wurde also nicht nur der Ausgleich normaler Ausgaben-Erhöhungen durch Inflation und allgemeine Kostensteigerungen seitens des Landes vorenthalten, sondern wir mussten im Gegenteil mit einem abgesenkten Budget umgehen. Dieser drückende Sparkurs ist eine große Belastung. Jüngste Signale aus der Politik lassen hoffen, dass es nicht noch weitere Einschnitte in der Hochschulmedizin geben wird.
DÄ: Noch vor fünf Jahren sollte die Hochschulmedizin in Lübeck geschlossen werden. Geht es jetzt wieder in diese Richtung?
Stephani: Nein. Das Sozialministerium in Kiel und auch die Landesregierung als Ganzes lassen keinen Zweifel daran, dass der Hochschulmedizin-Campus in Lübeck und der in Kiel bestehen bleiben wird. Das ist in der gesamten Diskussion der vergangenen Monate um die Finanzierung des UKSH fraglos.
DÄ: Was hat die Hochschulmedizin getan, um Kosten zu sparen?
Stephani: Ganz wichtig ist die enge Zusammenarbeit zwischen dem Campus Kiel und dem Campus Lübeck. Zum Beispiel haben wir ein übergreifendes Radiologiezentrum und ein übergreifendes allgemeines Diagnostikzentrum etabliert. Das kann Kosten sparen, ohne notwendigerweise die Qualität zu beeinträchtigen. Zu den Synergieeffekten zählen außerdem Einkaufspartnerschaften. Die Anwendung der sogenannten INEK-Vorgaben (InEK = Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) auf die universitären Kliniken und Institute ist eine Herausforderung, da das UKSH das einzige Krankenhaus der Maximalversorgung in Schleswig-Holstein ist.
DÄ: Wie gehen Sie weiter vor?
Stephani: Das UKSH wird die beiden Standorten Kiel und Lübeck noch enger verzahnen, auch auf der Leitungsebene. Außerdem setzen wir uns gemeinsam mit der Politik für bessere Rahmenbedingungen in Schleswig-Holstein ein. Ein wichtiger Grund für das Defizit der Hochschulmedizin ist der niedrige Landesbasisfallwert in Schleswig-Holstein.
Das Land liegt bei diesen Werten, die ja für die Finanzierung von Krankenhausleistungen entscheidend sind, am unteren Rand. Gemeinsam mit der Politik setzen wir uns für eine Anhebung des Landesbasisfallwertes ein. Immerhin ist offenbar allen deutlich, dass die Mittel für die Hochschulmedizin in Schleswig-Holstein nicht weiter gekürzt werden können. Auch die Landespolitik müht sich mit ihren wegen der Schuldenbremse reduzierten Mitteln, das UKSH zu unterstützen. Die Hochschulmedizin in Schleswig-Holstein hat also die Talsohle noch nicht überwunden, aber wir hoffen, dass diese zumindest nicht noch tiefer wird.
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