Der Ultraschall kommt (Teil eins)
Deutsche Internisten haben meines Erachtens nach international eine Sonderrolle inne: Sie können mit einem Ultraschall umgehen und nutzen ihn diagnostisch für Echokardiographien, Abdominaluntersuchungen oder Schilddrüsenevaluierungen. Das ist nicht selbstverständlich, denn weder in der Schweiz, noch Frankreich, noch Kanada, noch den USA benutzen Internisten einen Ultraschall in dem Maße wie es deutsche Internisten tun.
Daher ist das, was unser Assistenzprogramm macht, fast unerhört, ein Novum, und wird sogar durch eine Studie begleitet: Es wurden jüngst tragbare Ultraschallgeräte bei uns eingeführt. Unser Programm hat zehn solcher Geräte gekauft und die diensthabenden Assistenzärzte und diejenigen, die Punktionen durchführen, tragen jeweils ein Gerät mit sich herum – es wird wie eine Umhängetasche umgeschnallt und wiegt nur wenige Kilo.
Die Idee ist eine einfache: Wenn ein Patient aufgenommen oder visitiert wird, dann soll der Ultraschall bei einer körperlichen Untersuchung ergänzende Informationen liefern, mittelfristig das Stethoskop ergänzen oder gar ersetzen. Statt einer kardialen Auskultation soll mittels Vierkammerblick und Evaluierung der Vena Cava sowohl Volumenstatus als auch – grob orientierend – der kardiale Status festgestellt werden. Ähnlich geht man bei der Lungenuntersuchung vor: Pleurareiben? Pneumothorax? Pleuraerguss? Im Abdominalbereich dann ebenfalls ein zügiger Blick auf die wesentliche Organe – Harnverhalt? Hepatosplenomegalie?
Unser Programmdirektor kommt richtig ins Schwärmen wenn er uns Assistenten mit umgeschnalltem Ultraschallgerät herumlaufen sieht. Letztens hat er sogar den „Tod des Stethoskops“ ausgerufen und halbverzückt den Kopf geschüttelt, weil er sich freut, dass er nicht nur das Ende des Vitamin K-Antagonisten Coumadin (das US-Äquivalent des deutschen Phenprocoumon) erleben darf, sondern auch noch die „Weiterentwicklung oder gar Ende“ des Stethoskops.
Schade, dass ich das Programm in vier Monaten beende – denn ich bin noch ein altmodisch mit Stethoskop trainierter Arzt. Zum Glück habe ich ein wenig Erfahrung aus Deutschland mitgebracht, wo all dieses Ultraschallgetue nichts Neues ist.
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