Deutsche verdrängen das Thema Pflegebedürftigkeit

Berlin – Selbst pflegebedürftig zu werden ist für viele ältere Menschen in Deutschland ein großes Thema – doch die wenigsten bereiten sich konkret darauf vor. Das zeigt eine Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Rund 72 Prozent der Befragten zwischen 50 und 80 Jahre finden es danach „extrem wichtig“, wie sie im Pflegefall versorgt werden.
Jeder Zweite macht sich laut dem „WIdOmonitor“ Sorgen über Pflegebedürftigkeit. Doch konkrete Aktivitäten und Schritte deswegen haben nur die Wenigsten ergriffen. So hat sich nur jeder Vierte nach eigenen Angaben schon einmal in einer Beratungsstelle oder durch die eigene Krankenkasse über Hilfen bei Pflegebedürftigkeit informiert. Unter den pflegenden Angehörigen und Menschen, die die eigene Gesundheit als schlecht einschätzen, sind es jeweils mehr als jeder Dritte.
Die eigene Wohnsituation schätzt weniger als ein Drittel als altersgemäß eingerichtet ein. Jeder Zweite hat schon einmal mit einem anderen Menschen darüber gesprochen, wie er im Fall eigenen Pflegebedürftigkeit gepflegt werden möchte.
Zwei Drittel der Befragten nehmen einen Umzug in ein Pflegeheim in Kauf – wenn sie dafür unabhängig bleiben können und niemanden überlasten. Aber vielen Menschen über 50 Jahre erscheint eine gute stationäre Pflege als zu teuer: Geringverdiener mit einem Haushaltseinkommen unter 1000 Euro stimmen dem zu 80 Prozent zu, Besserverdiener mit mehr als 3000 Euro halten ein gutes Heim immerhin noch zu 63 Prozent für zu teuer.
„Noch fällt die Pflegevorsorge der Bürger eher bescheiden aus. Und doch verändern die vielen persönlichen Erfahrungen mit Pflegebedürftigen unsere individuellen und gesellschaftlichen Positionen“, kommentiert Adelheid Kuhlmey, Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Charité – Universitätsmedizin Berlin, die Ergebnisse. Das zeige sich unter anderem in der Problematisierung der häuslichen Pflege und der Anerkennung der Belastung pflegender Angehöriger sowie in einer zunehmenden Inanspruchnahme professioneller Dienstleister.
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