Medizin

Diabetes: Primär- und Sekundärprävention durch Sport

  • Dienstag, 7. August 2012
Uploaded: 07.08.2012 18:22:08 by mis
dpa

Boston/Potsdam-Rehbrücke – Wer jede Woche 150 Minuten Krafttraining betreibt, kann einer US-Kohortenstudie zufolge sein Diabetes-Risiko um ein Drittel senken. Zusätzlicher Ausdauersport führt zur Halbierung des Risikos. Auch nach der Diabetesdiagnose kann Sport das Mortalitätsrisiko senken, wie die Auswertung der europäischen EPIC-Studie zeigt.

Neben einer gesunden Ernährung gehört Sport zu den Eckpfeilern der Diabetes­prävention. In der Regel wird zu Ausdauersport geraten, den aber viele Menschen wegen anderer Gebrechen nicht betreiben können. Eine Alternative wäre ein Krafttraining. Die Auswirkungen auf das Diabetesrisiko waren bisher kaum untersucht, berichtet Anders Grøntved von der Harvard School of Public Health in Boston, der deshalb die Daten der Health Professionals Follow-up Study zu diesem Aspekt ausgewertet hat. Die Kohorte umfasst Männer, die in Gesundheitsberufen (keine Ärzte) arbeiten, und seit 1984 alle zwei Jahre Fragebögen zu ihren Lebensgewohnheiten ausfüllen.

Seit 1990 werden die Teilnehmer auch danach befragt, ob sie ein Krafttraining betreiben. Der Anteil der Männer, die einen derartigen Muskelaufbau betreiben, ist seither von 14 Prozent auf 29 Prozent gestiegen, was mit der derzeitigen Popularität von Fitness-Studios zusammenhängen dürfte. Nur wenige Health Professionals trainieren dort jedoch 150 Minuten oder länger pro Woche, was nach der Auswertung von Grøntved in den Archives of Internal Medicine (2012; doi: 10.1001/archinternmed.2012.3138) mit einer Reduktion des Diabetes-Risikos um 34 Prozent (95-Prozent-Konfidenzintervall 7-54 Prozent) verbunden war.

Das Krafttraining war danach dem Ausdauersport unterlegen, das bei 150 Minuten in der Woche mit einer Reduktion des Diabetes-Risikos um 52 Prozent (45-58 Prozent) assoziiert war. Am günstigsten war die Kombination beider Sportarten, für die Grøntved eine Reduktion des Diabetesrisikos um 59 Prozent (39-73 Prozent) ermittelt. Diese Zahlen gelten für die Minderheit, die jede Woche zweieinhalb Stunden im Fitness-Studio (oder zuhause) trainiert.

Dank der großen Teilnehmerzahl der Studie und der langen Nachbeobachtungszeit (508.332 Personen-Jahre) kann Grøntved jedoch zeigen, dass auch weniger Kraft- und Ausdauertraining eine diabetespräventive Wirkung haben könnten – sofern den Assoziationen eine Kausalität zugrunde liegt.

Hierfür spricht, dass die Wirkung dosisabhängig war: Je mehr Sport die Health Professionals trieben, desto geringer war ihr Risiko an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken. Restzweifel versucht Grøntved in mehreren Multivariat-Analysen auszuräumen, die den Einfluss von Alkohol-, Zigaretten- und Kaffeekonsum oder bei der Kalorienzufuhr berücksichtigen.

Auch nach der Diagnose eines Typ-2-Diabetes kann Sport nützlich sein, wie Diewertje Sluik für das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke in den Archives of Internal Medicine (2012; doi: 10.1001/archinternmed.2012.3130) anhand der Daten der European Prospective Investigation Into Cancer and Nutrition oder EPIC-Studie zeigen kann. Von den 5.859 Teilnehmern, bei denen zu Beginn der Studie ein Diabetes bekannt war, starben in weniger als zehn Jahren bereits 755 (13 Prozent) – ein Viertel davon an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Am ehesten starben die Diabetiker, die keinen Sport betrieben. Jegliche körperliche Aktivität senkte die Sterberate. Anders als in der Studie von Grøntved war eine dosisabhängige Wirkung jedoch nicht erkennbar.

Die Ergebnisse zeigen eine J-Kurve: Die beste protektive Wirkung wurde bei einer mäßigen sportlichen Aktivität erzielt. Sie senkte das Gesamtsterberisiko um 38 Prozent (51-22 Prozent) und das Sterberisiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 49 Prozent (68-19 Prozent). Eine Meta-Analyse bestätigt die Ergebnisse und zeigt ansatzweise eine Dosis-Wirkungsbeziehung: Mehr körperliche Aktivität senkte dort im Vergleich zu weniger körperlicher Aktivität das Sterberisiko um 40 Prozent (51-27 Prozent).

Der Editorialist Mitchell Katz vom Los Angeles County Department of Health Services rät ihren ärztlichen Kollegen angesichts der konsistenten Ergebnisse, den Patienten häufiger ein Rezept auf mehr Bewegung auszustellen. Dabei spiele es weniger eine Rolle, ob sie sich für Krafttraining, Ausdauersport oder Stretching entscheiden würden, Hauptsache, sie würden sich überhaupt bewegen.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung