Medizin

Diät: Pflanzliche Eiweiße senken Sterberisiko, tierische Eiweiße nicht

  • Dienstag, 2. August 2016
Uploaded: 02.08.2016 10:52:58 by mis
dpa

Boston – Pflanzliche und tierische Proteine in der Ernährung haben möglicherweise unterschiedliche Auswirkungen auf die Gesundheit. In zwei prospektiven Beobachtungsstudien in JAMA internal Medicine (2016; doi:10.1001/jamainternmed.2016.4182) erhöhte ein hoher Konsum von tierischen Eiweißen vor allem bei Menschen mit vorbestehenden kardialen Risiken die Sterblichkeit, während pflanzliche Eiweiße eine protektive Wirkung entfalten könnten.

Diäten, die den Anteil von Proteinen erhöhen und zu einer geringeren Zufuhr von Kohlen­hydraten raten, sind derzeit modern. Ob sie langfristig ihren Zweck erreichen, ist unklar. Kurzfristig lässt sich eine Gewichtsreduktion erzielen. Mit der Gewichtsreduktion geht häufig auch eine Reduktion des Blutdrucks und eine Verbesserung von Blutzucker und Lipiden einher.

Umstritten ist unter Ernährungswissenschaftlern, ob tierische Eiweiße in der Ernährung gleich günstige Auswirkungen haben wie pflanzliche Eiweiße. Bislang gab es hierfür nur Daten aus relativ kleinen Querschnittstudien, deren Aussagekraft gering ist.

Mingyang Song vom Massachusetts General Hospital In Boston und Mitarbeiter haben deshalb die Ergebnisse der Nurses' Health Study (NHS) und der Health Professionals Follow-up Study (HPFS) ausgewertet, die seit den 1980er Jahren mehr als 170.000 US-Amerikaner überwiegend europäischer Herkunft regelmäßig nach ihren Ernährungs­gewohnheiten befragt haben.

Die weibliche NHS-Kohorte verfügte über eine Nachbeobachtungszeit von mehr als 30 Jahren, bei der männlichen HPFS liegen Langzeitdaten über 26 Jahre vor. Während dieser Zeit sind 36.000 Teilnehmer gestorben, davon fast 9.000 an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, 13.000 an Krebs und etwa 14.000 aus anderen Ursachen.

Nach der Berücksichtigung von Lebensstil und anderen Ernährungsfaktoren war ein hoher Verzehr von Proteinen aus tierischen Quellen - darunter alle Arten von Fleisch, Eier oder Milchprodukte - leicht mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert. Konkret war jeder Anstieg der Energiezufuhr aus tierischen Proteinen um 10 Prozent mit einer Zunahme der kardiovaskulären Sterblichkeit um 8 Prozent verbunden (Hazard Ratio 1,08; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,01-1,16).

Wer dagegen mehr Proteine aus pflanzlichen Quellen – Brot, Müsli, Nudeln, Bohnen, Nüsse und Hülsenfrüchte – zu sich nahm, hatte eine geringere Sterblichkeit. Ein Anstieg der Energiezufuhr durch pflanzliche Proteine um 3 Prozent war mit einem Rückgang der Gesamtsterblichkeit um 10 Prozent (Hazard Ratio 0,90; 0,86-0,95)  verbunden. Das Sterberisiko an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sank sogar um 12 Prozent (Hazard Ratio 0,88; 0,86-0,95).

Die genauere Analyse ergab, dass die „schädlichen“ Auswirkungen tierischer Proteine auf Personen beschränkt war, die mindestens einen (weiteren) ungesunden Lebens­stilfaktor hatten: Sie waren entweder übergewichtig oder untergewichtig, neigten zu einem starken Alkoholkonsum, hatten in der Vergangenheit geraucht oder sie waren bewegungsarm. Menschen mit einem gesunden Lebensstil scheint nach diesen Daten eine hohe Zufuhr von tierischen Eiweißen nicht zu schaden. 

Nach der Untersuchung könnte ein hoher Verzehr von tierischen Eiweißen Teil eines ungesunden Lebensstils zu sein, und eine Änderung der Ernährungsgewohnheiten in diesem Bereich könnte ein erster wichtiger Schritt hin zu einem längeren Leben sein. Denn wer 3 Prozent der Protein-Energiezufuhr aus verarbeiteten Fleischwaren durch pflanzliche Proteine ersetzt, könnte nach der Untersuchung seine Gesamtmortalität um nicht weniger als 34 Prozent senken (Hazard Ratio 0,66; 0,59-0,75).

Der Wechsel von unverarbeiteten Fleischwaren hin zu pflanzlichen Proteinen in der gleichen Größenordnung von 3 Prozent würde die Sterblichkeit um 12 Prozent senken (Hazard Ratio 0,88; 0,84-0,92) und der Wechsel von der Proteinquelle Ei zu pflanzlichen Proteinen würde mit einer um 19 Prozent geringeren Sterblichkeit belohnt (Hazard Ratio 0,81; 0,75-0,88), immer vorausgesetzt, dass die Ergebnisse aus prospektiven Beobachtungsstudien die Wirklichkeit richtig abbilden.

Daran sind jedoch Zweifel erlaubt. In anderen Bereichen, etwa der Vitamin-Zufuhr konnten die Ergebnisse in anschließenden randomisierten klinischen Studien nicht reproduziert werden, teilweise erwies sich eine hohe Vitaminzufuhr sogar als schädlich – gerade für Menschen mit erhöhten Ausgangsrisiken.

rme

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