Diät schützt Mäuse vor Typ 1-Diabetes
Melbourne - Eine spezielle Diät mit einem hohen Gehalt an Acetat und Butyrat schützte Mäuse in einer Studie in Nature Immunology (2017; doi: 10.1038/ni.3713) vor dem Ausbruch eines Typ 1-Diabetes. Die Forscher führen dies auf den direkten Einfluss der kurzkettigen Fettsäuren auf die Immunzellen zurück, deren Angriff für die Zerstörung der Beta-Zellen verantwortlich sind.
Anders als der Typ 2-Diabetes, der (vor dem Hintergrund einer genetischen Disposition) Folge jahrelanger Ernährungsfehler ist, galt der Typ 1-Diabetes lange als schicksalhafte Autoimmunerkrankung. Inzwischen gibt es jedoch epidemiologische Hinweise, dass Hygiene, Antibiotika und auch die Ernährung das Erkrankungsrisiko beeinflussen können. Als gemeinsamer Nenner dieser Umweltfaktoren gilt die Darmflora.
Der Einfluss der Darmbakterien zeigt sich auch in einem Tierexperiment mit NOD-Mäusen. Diese Tiere erkranken normalerweise im Alter von wenigen Wochen an einem Typ 1-Diabetes. Wenn ihnen allerdings das Gen Myd88 fehlt, bleiben sie gesund. Dieser Schutz vor einem Diabetes geht wiederum verloren, wenn die Tiere in einem keimfreien Käfig gehalten werden. Charles Mackay von der Monash University in Melbourne vermutet, dass der Mangel am Gen Myd88 zu einer Veränderung der Darmflora mit einem Überwiegen von Bacteroidetes führt. Diese Bakterien sind dann für die Schutzwirkung verantwortlich. In einem keimfreien Käfig fällt die Schutzwirkung weg, da sich keine Darmflora ausbildet.
Doch auf welche Weise schützen Bacteroidetes vor einem Typ 1-Diabetes? Mackay vermutet, dass die kurzkettigen Fettsäuren Acetat und Butyrat, die die Bacteroidetes aus der Nahrung synthetisieren und die dann vom Darm resorbiert werden, für den Schutz verantwortlich sind. Um diese Hypothese zu überprüfen, hat Mackays Forscherteam die NOD-Mäuse auf eine spezielle Diät gesetzt. Ihr Futter enthielt Maisstärke, deren Anteil an Acetat- und Butyrat-Ketten chemisch erhöht wurde. Im Darm werden die beiden kurzkettigen Fettsäuren von Bakterien aufgeschlossen und dann vermehrt vom Darm resorbiert. Beide Diäten senkten das Diabetesrisiko. Tiere, deren Futter sowohl acetylierte, als auch butyrierte Stärke enthielt, erkrankten niemals.
Weitere Untersuchungen ergaben, dass Acetat und Butyrat auf unterschiedliche Weise die Entwicklung eines Typ 1-Diabetes verhindern. Acetat verminderte die Zahl der autoreaktiven T-Zellen, die für den Angriff auf die insulin-produzierenden Beta-Zellen verantwortlich sind. Dieser Effekt scheint dabei über B-Zellen vermittelt zu werden. Diese Zellen bilden beim Typ 1-Diabetes die Antikörper, die den Angriff auf die Beta-Zellen provozieren. Butyrat dagegen stimulierte die Bildung von regulatorischen T-Zellen, die im Immunsystem die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen verhindern. Die Behandlung verbesserte auch die Integrität der Darmschleimhaut und sie verminderte die Konzentration von „diabetogenen“ Zytokinen wie Interleukin 21 im Blut.
Die Diät veränderte auch die Darmflora. Bacteroidetes, die Acetat und Butyrat als Ernergiequelle nutzen, konnten sich vor allem unter einer Diät mit acetylierter Stärke im Darm ausbreiten. Dies könnte bedeuten, dass eine Diät langfristig eine protektive Wirkung erzielt.
Ob die Diät auch bei Kindern, die aufgrund von Insulin-Antikörpern ein erhöhtes Risiko haben, den Ausbruch der Autoimmunerkrankung verhindern könnte, ist bisher nicht untersucht worden. Es bleibt abzuwarten, ob es hier zu einer klinischen Studie kommt. Butyrierte Stärke hat sich bei Erwachsenen in einer Studie als sicher erwiesen. Dort ging es allerdings nicht um die Vermeidung eines Typ 1-Diabetes, sondern um eine mögliche Darmkrebsprävention (British Journal of Nutrition 2015; 114: 220-230). Ohne einen eindeutigen klinischen Wirkungsbeleg dürften Diabetologen von einem Behandlungsversuch mit „Nutroceuticals“ abraten.
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