Diagnose des Conn-Syndroms führt zu vermeidbaren falsch-positiven Ergebnissen

Würzburg – Ob sich der Verdacht auf einen primären Aldosteronismus (PA), auch als Conn-Syndrom bekannt, bestätigt, hängt bei vielen Patienten von einem Suppressionstest mit intravenöser Kochsalzinfusion (SIT) ab.
Mit einer verbesserten Massenspektrometrielabordiagnostik haben Forschende jetzt herausgefunden, dass bei diesem Bestätigungstest ein Teil der Patientinnen und Patienten falsch diagnostiziert werden. Die Studie ist im Journal of Clinical Endocrinology Metabolism erschienen (2022; DOI: 10.1210/clinem/dgab924).
Endokrinologen aus Dresden, München und Würzburg hatten bei 240 Patienten, die mit dem SIT an 5 tertiären Versorgungszentren getestet wurden, abweichende Werte zwischen Immunoassay- und Flüssigchromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS)/MS-basierten Messungen von Plasma-Aldosteron gefunden.
Das mit Immunoassays gemessene Plasma-Aldosteron war um 86 % (gemessen mit Liaison-Analysegerät) beziehungsweise 58 % (gemessen mit dem iSYS-Analysegerät) höher als bei der Bestimmung mit der LC-MS/MS.
Von den 162 Patienten mit pathogenen SIT-Ergebnissen lieferte die MS bei 62 Patienten nicht-pathologische Ergebnisse, darunter 32 unter 117 pmol/L – deutlich unter dem MS-basierten Grenzwert von 162 pmol/L. Eine wiederholte Messung mit einer unabhängigen MS-Methode bestätigte bei 53 Patienten (der 62 mit nicht übereinstimmenden Ergebnissen), dass die SIT-Ergebnisse falsch positiv waren.
Eine weitere Erkenntnis betraf die Verschiebung der Aldosteronproduktion zu einer Seite. Bei Patienten mit falsch-positiven Ergebnissen war die Prävalenz einer nicht-lateralisierten Aldosteronproduktion höher als bei Patienten mit stimmigen Ergebnissen (83 % gegenüber 28 %).
Mehr als die Hälfte der bestätigten Verdachtsfälle könnten falsch-positiv sein
Die Autoren ziehen aufgrund ihrer Ergebnisse die Validität der Immunoassay-basierten Diagnose der PA bei mehr als 60 % der Patienten mit mutmaßlich bilateraler Erkrankung in Frage. Angesichts dieser Ungenauigkeiten bei Immunoassays sollten alle positiven Ergebnisse idealerweise durch LC-MS/MS weiterverfolgt werden, schreiben die Studienautoren.
Martin Faßnacht, Leiter des Lehrstuhls für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Würzburg stellt auf Nachfrage klar, dass die Gefahr falsch-positiver SIT-Ergebnisse nicht für alle Patienten relevant ist: „Das Problem tritt nur bei Ergebnissen in der Nähe des unteren Grenzwerts auf. Wenn der Aldosteronwert eindeutig erhöht ist, spielen diese Störfaktoren keine entscheidende Rolle.“
Obwohl bekannt ist, dass Immunoassays höhere Messwerte für Plasma-Aldosteron liefern als LC-MS/MS – vor allem bei niedrigeren Konzentrationen – war bisher nicht bekannt, ob sich dies auf die diagnostische Genauigkeit bei Patienten mit Verdacht auf PA auswirken könnte.
Wie man die Diagnostik verbessern kann
Noch sei die LC-MS/MS-Diagnostik nicht flächenhaft vorhanden, sagte Faßnacht dem Deutschen Ärzteblatt. Aber gerade Uniklinika und auch große kommerzielle Labore würden diese Methode zunehmend anbieten.
Ist eine LC-MS/MS-Diagnostik nicht möglich, bestünde eine einfache Lösung: Das Plasma könne aufbereitet werden, um Störfaktoren vor dem Immunoassay zu entfernen. Dazu zählen unter anderem zirkulierende Makromoleküle, wie etwa heterophile Antikörper, die die Reagenzienbindung beeinflussen.
„Die Aufreinigung ist theoretisch nicht sehr aufwendig“, so Faßnacht weiter. Er hält es jedoch für unrealistisch, dass dies im Routinebetrieb durchgeführt werden könnte.
Die Ergebnisse seien ein weiterer Grund dafür, dass diese Diagnostik beim Endokrinologen erfolge, forderte der DGE-Experte. Aus seiner Abteilung waren mehrere Forschende an der Studie beteiligt. „Die erste Screeninguntersuchung, die Bestimmung des Aldosteron-Renin-Quotienten, dagegen sollte vom Hausarzt und Allgemeininternisten durchgeführt werden“, erklärte Faßnacht.
Forschende des DFG-geförderten Sonderforschungsbereichs Nebenniere arbeiten aktuell daran, die aufwendige Diagnostik zukünftig mithilfe künstlicher Intelligenz zu verbessern und zu vereinfachen, berichtete der Endokrinologe aus Würzburg. Bis es soweit sei, müsste aber weiterhin der Aldosteron-Renin-Quotient als Suchtest fungieren.
Hormonell bedingte Hypertonie bleibt oft unerkannt
In einer Übersichtsarbeit sprechen sich Forschende aus Deutschland, den USA und Italien dafür aus, dass Mediziner 50 % aller Hypertoniker auf ein Conn-Syndrom untersuchen sollten (2021; DOI: 10.1016/S2213-8587(21)00210-2, 2016; DOI: 10.1210/jc.2015-4061).
Denn alleine Erkrankungen der kleinen Nebennieren sind für mehr als 10 % der Hypertoniefälle verantwortlich. Dabei ist das mit Abstand häufigste Krankheitsbild im Zusammenhang mit Bluthochdruck das Conn-Syndrom – 1/3 davon könnte geheilt werden.
Faßnacht ermutigt daher alle Mediziner, an eine frühe Diagnostik zu denken – vor allem, wenn die Hypertonie erstmals in einem jungen Alter von etwa 45 Jahren auffällt.
„Bei einer Hypertonie-Erstdiagnose im Alter von 75 Jahren ist das Risiko für ein Conn-Syndrom hingegen sehr gering“, sagte Faßnacht heute bei einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) anlässlich der Hormonwochen.
Wahrscheinlich würden nur 1 % dieses primären Hyperaldosteronismus entdeckt, sagte der Leiter des Lehrstuhls für Endokrinologie und Diabetologie und verwies auf 2 Studien aus 2021 (DOI: 10.1001/jamasurg.2021.0254, DOI: 10.7326/M20-4873).
Darauf, dass die hormonellen Ursachen der Hypertonie häufig unerkannt bleiben, hat die DGE bereits in der Vergangenheit aufmerksam gemacht. Das Conn-Syndrom, der primäre Hyperaldosteronismus, kann zusammen mit Hypertonie auftreten oder diese sogar verursachen. Dabei wird das Hormon Aldosteron, das beim Gesunden in eine sich selbst regulierende Hormonkaskade eingebunden ist, weitgehend unreguliert ausgeschüttet.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: