Die ehemaligen Minister Blüm und Kleditzsch diskutieren 20 Jahre nach dem Mauerfall:

Köln – Die stärkere Vernetzung der medizinischen Versorgung in der DDR hätte es verdient gehabt, im vereinigten Deutschland erhalten zu werden. Darin sind sich der letzte Gesundheitsminister der DDR, Jürgen Kleditzsch, und Norbert Blüm, damals als Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung auch für die Krankenversicherung zuständig, einig.
Bei den Verhandlungen über den Einigungsvertrag saßen sie sich gegenüber. Erstmals seit der Wendezeit vor 20 Jahre trafen sich die ehemaligen Minister jetzt wieder – in der Redaktion des Deutschen Ärzteblattes in Köln.
Bei allen eklatanten Mängeln des Gesundheitssystems sei „unter dem Aspekt, dass die Medizin ein stärkere Vernetzung braucht, die poliklinische Versorgung in der DDR ist nicht per se schlecht gewesen“, sagte Blüm. Auch nach Ansicht Kleditzschs war die Integration von ambulanter und stationärer Versorgung in der DDR von Vorteil.
„Die Polikliniken, so wie sie damals waren, wollte ich nie erhalten“, versicherte Kleditzsch. „Aber mir war damals schon klar, dass wir so etwas Ähnliches brauchen. Die Medizinischen Versorgungszentren heute sind ja Polikliniken mit neuem Inhalt und neuer Struktur.“
Die Diskussion im Jahr 1990 um die Polikliniken fasste Blüm so zusammen: „Der gedankliche Kurzschluss war damals: Poliklinik gleich staatliches Gesundheitswesen und freie Niederlassung gleich Selbstverwaltung“. Blüm und Kleditzsch versicherten übereinstimmend, dass vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 die Zeit für grundlegende Reformen gefehlt habe.
Kleditzsch: „Es gab nur einen schmalen Zeitkorridor, es musste ein funktionierendes Sozialsystem für den Gesamtstaat vorhanden sein. Alles andere wäre chaotisch gewesen und hätte mit Sicherheit zu sozialen Unruhen geführt.“ Kleditzsch (damals Ost-CDU) wurde nach der ersten freien Volkskammerwahl im April 1990 Gesundheitsminister. Heute arbeitet er als niedergelassener Facharzt für Orthopädie in Neu-Ulm.
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