Die Lücken der klinischen Demenz-Leitlinien
Hannover – Leitlinien zur Versorgung Demenzkranker vernachlässigen oft Anleitungen für ethisches Handeln und Entscheiden. Das berichten Wissenschaftler des Instituts für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Forscher untersuchten in ihrer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Studie Leitlinien aus zwölf Ländern. Sie haben ihre Ergebnisse in PLOS Medicine (PLoS Med 2013; 10(8): e1001498) veröffentlicht.
Eine an Demenz erkrankte Frau wartet auf ihren Mann. Sie weiß nicht mehr, dass er schon verstorben ist. Ist es moralisch vertretbar, ihr zu sagen, dass ihr Mann bald wiederkommt? Das ist ein Beispiel dafür, dass Menschen, die Demenzkranke behandeln und betreuen, immer wieder ethische Entscheidungen treffen müssen. Dabei sollen ihnen klinische Leitlinien Orientierung bieten.
„Die Leitlinien weisen nur 22 Prozent (Schweiz) bis 77 Prozent (USA) von 31 wichtigen ethischen Herausforderungen auf“, erläutert Daniel Strech vom MHH-Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin. Sie enthielten sehr unterschiedliche Herausforderungen. Einige umfassten ethische Empfehlungen – teilweise auch mit Begründungen oder Literaturhinweisen. „Elf Leitlinien erwähnen vier ethische Herausforderungen überhaupt nicht – beispielsweise die adäquate Berücksichtigung von Patientenverfügungen und Betreuungsvollmachten oder den angebrachten Umgang mit Lebensmüdigkeit“, erläutert Strech.
„Die deutsche Leitlinie nennt 17 Herausforderungen explizit. Sie beschreibt beispielsweise sehr ausführlich die Herausforderung bei der Aufklärung über die Diagnose. Und sie thematisiert – anders als viele Leitlinien – kulturelle Herausforderungen im Umgang mit Demenz“, so Strech.
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