Ärzteschaft

Digitale Selbstverletzung kann Vorbote körperlicher Selbstverletzungen sein

  • Montag, 18. Januar 2021
/asiandelight, stock.adobe.com
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Köln – Ärzte, Pädagogen und Eltern sollten digitale Selbstverletzungen von Jugendlichen ernst nehmen, weil diese körperlichen Selbstverletzungen oder gar einem Suizidversuch vorausgehen können. Da­rauf weist der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hin.

„Digitale Selbstverletzung“ oder „Digital-Self-Harm“ beschreibt eine neue Form der Selbstverletzung, bei der Jugendliche sich selbst anonym mit negativen Äußerungen im Internet mobben. „Bei der digitalen Selbstverletzung hoffen Heranwachsende vermutlich, dass andere mit Gegenargumenten und positiven Äußerungen zu ihrer Person reagieren oder sie zumindest von anderen mehr Aufmerksamkeit erhalten“, erläutert die BVKJ-Expertin Monika Niehaus.

US-Experten benannten dieses Verhalten laut dem Berufsverband vermutlich erstmals 2013 im Zusam­men­hang mit dem Suizid einer Jugendlichen. Dieses Mädchen hatte Wochen vor ihrem Suizid nega­tive Posts über sich selbst in sozialen Medien verbreitet.

„Eltern sollten versuchen, offen und nicht wertend mit ihren Kindern zu sprechen und sie ermutigen, ih­nen ihre belastenden Erfahrungen anzuvertrauen“, so Niehaus. Aufgrund der Schamgefühle von Jugendli­chen könne dies schwierig sein. Wenn Vater und Mutter keinen Zugang zu ihrem heranwachsenden Kind fänden und länger anhaltende Verhaltensänderungen bemerkten, sollten sie den Jugendarzt konsultie­ren.

„In manchen Fällen kann eine psychotherapeutische Behandlung sinnvoll sein“, sagte Niehaus. Sie weist daraufhin, dass selbstverletzendes Verhalten unbehandelt zur Gewohnheit werden könne, da es vielfach die einzige Bewältigungsstrategie der entsprechenden Jugendlichen sei.

Forscher aus Neuseeland kamen in einer Untersuchung zu dem Thema zu dem Schluss, dass etwa sechs Prozent der Teenager dort Erfahrungen mit Digital-Self-Harm haben, vorwiegend die 13- bis 14-Jährigen.
In Florida praktizieren Untersuchungen zufolge sogar bis zu zehn Prozent der Jugendlichen Digital Self-Harm.

Männliche Heranwachsende gäben selbst häufig an, nur einen Scherz machen zu wollen, wenn sie sich selbst im Internet abwerteten. Die Autoren der neuseeländischen Studie kommentieren jedoch, dass der Versuch „lustig“ oder „cool“ zu sein, ebenso das Ziel haben könne, Unterstützung und Aufmerksamkeit zu erhalten.

hil

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