Politik

DKG kritisiert Gutachten des Sachverständigen­rates

  • Dienstag, 4. September 2018
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Berlin – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat sich gegen einige der Vorschläge des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) ausgesprochen. In seinem aktuellen Gutachten hat der SVR einen Abbau von Überkapazitäten im stationären Sektor ebenso angemahnt wie eine Ausweitung von Mindestmengen und eine stärkere Ambulantisierung der Medizin. Von unterschiedlichen Seiten bekam der SVR Unterstützung für diese Positionen. So befürwortete zum Beispiel der Gesundheitsökonom Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin im Deutschen Ärzteblatt (DÄ) die Schließung kleiner Krankenhäuser in Ballungsräumen.  

DKG-Präsident Gerald Gaß kritisierte hingegen, beim Thema Abbau von Überkapazitäten wiederhole der SVR nur, was allgemein gesagt werde, allerdings ohne wissenschaftliche Fundierung. Zwar gebe es regionale Überkapazitäten. Und nicht jeder Krankenhausstandort und jede Fachabteilung sei zwingend bedarfsnotwendig, um die Sicherstellung der akutstationären Patientenversorgung zu gewährleisten. „Gleichzeitig haben wir in manchen Regionen aber auch Situationen der Unterversorgung“, sagte Gaß dem .

Disput um Schließung von Krankenhäusern

„Entscheidend ist: Was folgt aus dieser Erkenntnis? Unsere Position dazu ist eindeutig: Wir brauchen eine aktive Planung durch die Länder – und diese immer unter der Berücksichtigung von regionalen Besonderheiten und der Tatsache, dass die Sicherstellung von Versorgung im ambulanten Bereich in ganz vielen Regionen Deutschlands überhaupt nicht mehr gewährleistet ist“, so der DKG-Präsident. Der Mittelpunkt von Versorgung gerade in der Fläche seien die Krankenhäuser, und an diesen müssten sich andere Strukturen andocken. Die Kassenärztlichen Vereinigungen kämen dort ihrem Sicherstellungsauftrag längst nicht mehr nach.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, ist hingegen wie der SVR der Meinung, dass die Zahl der Krankenhäuser verringert werden müsse. Er will allerdings nicht zwangsläufig die Zahl der Standorte reduzieren, sondern unrentable, kleine Krankenhäuser in ambulante Versorgungs­einrichtungen umwandeln. 

Gaß forderte „ein intelligentes Neben- und Miteinander von Grundversorgern, Spezialkliniken und Maximalversorgern beziehungsweise Uniklinika, ebenso wie eine Trägervielfalt“. Wie dies im Einzelfall aussehe, müsse vor Ort entschieden werden. Die DKG und auch die Landeskrankenhausgesellschaften seien in jedem Fall bereit, mit der Politik und den anderen Partnern der Krankenhausplanung einen Dialog über die aktive Gestaltung der Krankenhauslandschaft in den Ländern zu führen. Eines müsse aber allen Beteiligten klar sein: „Nur, weil Krankenhäuser geschlossen werden, wird es nicht weniger Patienten geben. Die Patienten müssen dann in den anderen Krankenhäusern quasi nebenbei mitversorgt werden.“ 

Zudem müsse bedacht werden, dass die Nachfrage nach medizinischen Leistungen in Zukunft tendenziell weiter steigen werde. Auch die Anspruchshaltung der Bevölkerung steige an: „Jeder will auch im hohen Alter noch mobil sein oder möglichst schnell wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren können“, so Gaß. Darüber hinaus gebe es den medizinischen Fortschritt, der es stetig ermögliche, neue Krankheiten oder Patienten zu behandeln, die aufgrund ihres Alters früher nicht behandelt werden konnten. Und schließlich habe auch jüngst die Grippewelle gezeigt, wie sehr Krankenhäuser gebraucht würden.

Mindestmengen nur als Qualitätssicherungsinstrumente

Das Argument des Sachverständigenrates, dass bei einer Schließung von Krankenhäusern die vorhandenen Investitionsmittel der Bundesländer effizienter verteilt werden könnten, kann Gaß nicht nachvollziehen. „Selbst eigene Studien der Bundesregierung belegen, dass die Länder seit Jahrzehnten maximal die Hälfte der Mittel zur Verfügung stellen, die die Krankenhäuser für Investitionen benötigen“, kritisierte er. „Diesen Umstand jetzt den Krankenhäusern selbst zum Vorwurf zu machen, nach dem Motto, wenn ihr nicht so viele wärt, würde es doch für alle reichen, ist schon ein sehr eigenwilliger Lösungsansatz.“

Eine Ausweitung von Mindestmengen, wie sie der SVR gefordert hat, begrüßte Gaß grundsätzlich – zumindest wenn sie unter dem Blickwinkel eines Qualitätssicherungs­instrumentes gesehen würden. „Dort, wo die Ergebnisqualität durch Mindestmengen signifikant verbessert wird, sollten sie angewendet werden“, meinte der DKG-Präsident. „Sie dürfen aber nicht als Instrument missbraucht werden, um Krankenhäuser aus der Versorgungslandschaft zu verdrängen.“ Bei der Festlegung der Höhe der Mindestmengen seien deshalb auch die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Kliniken zu berücksichtigen. Dies habe inzwischen auch in der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses Niederschlag gefunden.

In seinem Gutachten befürwortet der SVR darüber hinaus die Einführung eines Katalogs von ambulanten Prozeduren, die sowohl ambulant als auch stationär abgerechnet werden können. Auf diese Weise will der Rat die Ambulantisierung medizinischer Leistungen vorantreiben, um Kosten zu sparen. KBV-Chef Gassen begrüßt diese Idee. Schon heute würden viele Untersuchungen fast ausschließlich ambulant erbracht, sagte er. Das werde künftig noch stärker so sein.

Gaß hält dagegen. „Dort, wo Klinikärzte eine ambulante Versorgung im Rahmen der hochwertigen klinischen Infrastruktur erbringen, brauchen wir auch eine Vergütung, die diesen Kostenstrukturen gerecht wird“, sagte er. „Die Sachverständigen sollten wissen, dass die gleiche Leistung im stationären und im niedergelassenen Umfeld unterschiedlich vergütet werden muss. Wenn dieselbe Leistung jedoch in beiden Sektoren gleich bezahlt werden würde, würde die Vergütung dieser Leistung für den Vertragsarzt attraktiver, für die Krankenhäuser jedoch könnten damit Leistungen schlechter vergütet werden.“

Auch der Vorschlag des Sachverständigenrats, eine stärkere Zusammenarbeit des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus und des Instituts des Bewertungsausschusses vorzusehen, mit dem Ziel, ein stärker sektorenübergreifendes Vergütungssystem unabhängig vom Ort der Leistungserbringung zu erreichen, lehnt Gaß in dieser Form ab. „Die unterschiedlichen Kalkulationsansätze zwischen dem EBM und dem DRG-System spiegeln sich ebenso in den Datengrundlagen beider Institute wider“, erklärte Gaß. „Greift man den Gedanken eines sektorenübergreifenden Vergütungssystems auf, sollten sich zunächst die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene darüber verständigen, wie ein solches System aufgebaut sein sollte und wer zur Kalkulation welche Daten benötigt.“

fos

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