DNA-Netze können Blutgefäße verstopfen

Hamburg – Auslöser für Gefäßverschlüsse sind nach bislang gültiger medizinischer Lehrmeinung hauptsächlich zwei Mechanismen: das Verklumpen von Blutplättchen und die Blutgerinnung, die zusammen zur Bildung eines Blutgerinnsels führen. Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben jetzt einen zusätzlichen Mechanismus entdeckt. Danach könnten spezielle Blutzellen Netzstrukturen aus ihrer Erbsubstanz DNA bilden, die Blutgefäße lebensgefährlich verstopfen. Die Arbeit ist in der Fachzeitschrift Science erschienen (doi 10.1126/science.aam8897).
Die DNA ist bekanntlich ein langes Fadenwerk, das eng verpackt in den Körperzellen lagert. Neutrophile Granulozyten nutzen die physikalischen Eigenschaften der DNA-Filamente, um daraus Netzstrukturen zu bilden. Diese als „Neutrophil Extracellular Traps“ (NETs) bezeichneten DNA-Netze spielen eine Rolle bei der Abwehr von Infektionen.
DNA-Scheren als Sicherungssystem
„NETs sind hilfreich, wenn sie sich auf Wunden bilden und dort Bakterien einfangen. NETs können so verhindern, dass sich Infektionen im Körper ausbreiten“, erklärte der Leiter der Arbeitsgruppe, Tobias Fuchs vom Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin. Entstünden NETs dagegen im Körperinnern, könnten sie extrem schädlich werden. Der Körper hat daher Schutzmechanismen gegen diese Netze ausgebildet.
„Wir haben herausgefunden, dass in der Blutbahn zwei spezialisierte Enzyme, so genannte DNA-Scheren, zirkulieren, die DNA-Netze im Normalfall verdauen und unschädlich machen“, so Fuchs. Wie das Team zeigen konnte, arbeiten die beiden Enzyme mit den Namen „DNa-se1“ und „DNase1-like 3“ unabhängig voneinander. Beide zersetzen die DNA-Netze selbstständig, wenn sie mit diesen in Kontakt kommen. „Die beiden DNA-Scheren bilden ein zweistufiges Sicherheitssystem, weil der Körper unbedingt verhindern will, dass DNA-Netze die Blutgefäße verstopfen“, so der Wissenschaftler.
Allerdings können diese Schutzmechanismen offenbar ausfallen: Die Forschergruppe hat entdeckt, dass bei Patienten mit Sepsis die Aktivität der DNA-Scheren stark vermindert sein kann. Dadurch steigt die Gefahr für ein Organversagen aufgrund von Gefäßverschlüssen. Die Wissenschaftler hoffen nun auf neue Therapieoptionen für Sepsis-Patienten „Die gefährlichen DNA-Netze in der Blutbahn könnten durch die Injektion von aktiven DNA-Scheren zersetzt werden“, hieß es aus der Arbeitsgruppe.
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