Durstzentrum im Gehirn entdeckt

Palo Alto/Kalifornien – Der Nucleus preopticus medianus, ein Teil des Hypothalamus, der auch für die Wärmeregulation zuständig ist, ist (wenigstens bei der Maus) das Durstzentrum des Gehirns, wie neue Studienergebnisse in Science (2017; 357: 1149–1155) belegen.
Wasser ist lebenswichtig und Durst deshalb ein elementarer Instinkt. Bereits ein Wasserdefizit von 1 bis 2 Prozent löst ein Durstgefühl aus, das schnell so drängend wird, das es das Verhalten vollständig kontrolliert. Durstige Tiere sind in Experimenten zu praktisch jedem Verhalten bereit, wenn sie als Belohnung zu trinken erhalten. Durst ist ein schlimmes Folterinstrument.
Wie ein Wassermangel (Hypovolämie) Durst erzeugt, ist nur ansatzweise bekannt. Signale von kardiopulmonalen Rezeptoren und aus dem Magen werden vermutlich über den Nucleus tractus solitarii und den Nucleus parabrachialis weitergeleitet. Auch ein Anstieg von Angiotensin II löst über eine vermehrte Aktivität des Subfornikalorgans (SFO) eine Durstreaktion aus. Im Organum vasculosum laminae terminalis (OVLT) werden Rezeptoren vermutet, die auf einen Anstieg der Salzkonzentration im Blut (Hyperosmolalität) reagieren.
Wo genau diese Signale im Gehirn zentral verarbeitet werden, war bislang nicht bekannt. Ein Team um Liqun Luo von der Stanford Universität im kalifornischen Palo Alto kann jetzt zeigen, dass sich das Durstzentrum zwischen SFO und OVLT im Nucleus preopticus medianus befindet – etwa in der Mittellinie des Gehirns ganz in der Nähe der Sehnervenkreuzung. Er ist der vorderste Anteil des Hypothalamus, der verschiedenste Steuerzentren für Atmung, Kreislauf, Körpertemperatur und die Nahrungsaufnahme enthält.
Im Nucleus preopticus medianus befinden sich glutaminerge Neurone, die auf Wassermangel mit einer vermehrten Aktivität reagieren. Werden diese Zellen gezielt angeregt, beginnen die Tiere auch dann zu trinken, wenn kein Wassermangel besteht. Bei einer Hemmung der Neurone erlöscht auch bei Wassermangel jeglicher Durstreiz. In einem Versuch lernten die Tiere relativ schnell, durch Drücken einer Taste die Aktivierung des Nucleus preopticus medianus zu stoppen, um den quälenden Durst zu beenden.
Bei den Experimenten verwendeten die Forscher die von Karl Deisseroth entwickelte Technik der Optogenetik: Dabei werden bestimmte Gene in Nervenzellen eingebracht, die die Zelle lichtempfindlich machen. Durch einen Lichtreiz auf das Gehirn lassen sich gezielt einzelne Nervenzellen aktivieren.
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