Vermischtes

Dusel: Rehaleistungen müssen bei Betroffenen ankommen

  • Donnerstag, 4. Juli 2024
Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Jürgen Dusel /Jürgen Dusel
Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Jürgen Dusel /Jürgen Dusel

Berlin – Bei der Rehabilitation und Nachsorge muss sich in Deutschland noch Vieles tun. Darauf machten Fachleute diese Woche in einer Diskussionsrunde bei der ZNS-Hannelore Kohl Stiftung aufmerksam. Die Strukturen und Voraussetzungen sind demnach vorhanden. Problematisch ist jedoch die Arbeit an den Schnittstellen, die häufig dazu führe, dass Leistungen nicht in ausreichendem Maße bei den Betroffenen ankommen würden.

„Wir haben eine Gap zwischen dem, was wir durch Gesetze versprechen, und dem, was bei vielen Menschen ankommt“, sagte Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinde­rung.

Nicht nur Rehabilitationsansprüche und bestimmte Nachsorgeleistungen seien betroffen, es müsse auch besser geregelt werden, wie Betroffene nach einer medizinischen Rehabilitation schrittweise ins Arbeitsleben zurückkehren könnten.

Betroffene müssen sich Dusel zufolge auf die Gesetze verlassen können und diese nicht nur auf dem Papier lesen dürfen. „Es ist nicht nur Aufgabe des Staates, das Recht zu setzen, sondern auch dafür zu sorgen, dass es bei den Menschen ankommt“, sagte er. Ein Beispiel sei auch das Teilhabeplanverfahren, das noch nicht gut umgesetzt werde.

Das Verfahren ziele auf eine Personenzentrierung ab, bei der die Träger die Rehabilitationsleistungen an den jeweiligen Bedürfnissen der Person ausrichteten, erklärte Annette Tabbara, Abteilungsleiterin für die Teilhabe und Belange von Menschen mit Behinderungen, Soziale Entschädigung und Sozialhilfe im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).

Eigentlich sei die Personenzentrierung eine der großen Errungenschaften des Bundesteilhabegesetzes. „Die Fallzahlen sind aber extrem gering“, betonte Tabbara. Es gebe derzeit rund 2.500 Teilhabeplanverfahren und etwas mehr als 1.000 Teilhabeplankonferenzen.

„Man kann vermuten, dass die Träger zurückhaltend sind, keine Ansprechpartner finden oder denken, dass sie etwas zahlen, das in der Finanzierungshoheit anderer liegt“, sagte sie. Auch Zeitmangel oder Angst vor Büro­kra­tie könnten Tabbara zufolge mögliche Gründe sein. Das Teilhabeplanverfahren gehöre gefördert, weshalb die Hintergründe der Lücken dringend aufgedeckt werden müssten. Eine Studie sei bereits in Auftrag gege­ben.

Brigitte Gross, Direktorin der Deutschen Rentenversicherung Bund, betonte, dass die Planungsprozesse noch besser aufeinander abgestimmt werden müssten. „Wenn die Akutversorgung am Anfang nicht so funktioniert, wie sie funktionieren könnte, dann haben wir auch bei der Rehabilitation ein größeres Problem, den Men­schen wieder auf den Weg zu bringen“, sagte sie.

Denn Ziel müsse es immer sein, die Erwerbsfähigkeit bei den Menschen wiederherzustellen. Dafür müssten Nachsorgeleistungen, die auf diesem Weg unterstützen, schon in den Rehakliniken geregelt werden. Auch das Entgegenkommen des Arbeitgebers spiele eine wichtige Rolle, so Gross. Um die Zusammenarbeit der Akteure zu koordinieren, sei eine funktionierende Teilhabeplanung wichtig.

Übernehmen sollen diese Aufgabe speziell ausgebildete Casemanager, sagte Kai Swoboda, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der IKK Classic. Diese sollten über ganz Deutschland verteilt sein und sich mit den re­gionalen Versorgungsstrukturen auskennen, um Betroffenen die bestmöglichen Leistungen zusammenstellen zu können.

Dusel verwies auch darauf, dass die Rehabilitation in der Debatte zum Teil gegen die Inklusion ausgespielt werde. Einige seien der Meinung, die Inklusion würde dafür sorgen, dass weniger Rehabilitation benötigt werde.

„Doch genau das Gegenteil ist der Fall“, sagte der Bundesbeauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderung. „Eine gute, qualitativ hochwertige Rehabilitation ist oftmals die Voraussetzung für eine gut gelingende Inklusion“.

Die Expertenrunde war sich einig, dass das vorhandene System grundsätzlich leistungsfähig ist, dass an der Zusammenarbeit an den Schnittstellen jedoch noch einiges passieren muss, um Betroffene bestmöglich versorgen zu können.

nfs

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