Vom Arztdasein in Amerika

Eine Amerikanerin in einem deutschen Krankenhaus

  • Freitag, 12. August 2011

Es traf mich vor sehr kurzem die glückliche Nachricht, dass ich erneut Onkel geworden war. Ein kleiner Freudentanz im häuslichen Kreis folgte, dann ließ ich mir die Umstände schildern: Wie war die Geburt gewesen? Komplikationen? Wie geht es der Mutter? Dem Kind? Et cetera.

Zunächst freudige Nachrichten, dann jedoch Lamentieren: Die Mutter liege im Viererbettzimmer. Mit anderen Frauen, gemeinsamen Bad! Noch nicht einmal ein Vorhang zur Abtrennung, um Himmels Willen! Wie man nur so barbarisch Menschen, noch dazu kranke Menschen, zusammenpferchen könne wurde suggeriert.

In der Tat: In hiesigen US-Krankenhäusern werden die letzten Doppelzimmer derzeit abgeschafft. Hier am Krankenhaus hätte meine Schwägerin ihr eigenes Zimmer mit eigenem WC und Dusche gehabt, Flachbildschirm und Rechner im Zimmer, nebst kabellosem Internet usw. usf.

Doch dann haette sie auch die $15.000-Rechnung bei unkomplizierter Geburt gehabt. Wenn ihr Einkommen unter $35.000 jaehrlich gelegen haette und dieses ihr erstes Kind gewesen waere (was nicht der Fall war), dann hätte der Bundesstaat die gesamte Rechnung bezahlt, wäre das ihr viertes Kind gewesen, hätte die Grenze bei $55.000 gelegen und entsprechend höher je nach Kinderzahl und Haushaltsgröße.

Doch die Mittelklasse ist da nicht so gut dran: Mit Krankenversicherung zahlt man meist noch 10-20% des Rechnungsbetrages, bei unversichertem Status meistens 30-40%, 0% zahlen eben nur die Armen und sozial Schwachen (der Staat bezahlt die Krankenkassenkosten sogar für das Kind bis es 18 Jahre alt ist, Lebensmittel während der Schwangerschaft und Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen).

Wenn man meine Schwägerin also fragen würde: Dann doch lieber die 10 Euro Krankenhausgebühr, gemeinsames Bad, Vierbettzimmer, fehlende Zwischenbetttrennung und gelegentlich etwas barsche Krankenschwestern und Hebammen.

Ihr Petrulus

mis

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