Ausland

Ende der Polio ist greifbar

  • Mittwoch, 28. Oktober 2015

New York/Genf/Köln – Grund zu Optimismus sieht das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef bei der Entwicklung der Kinderlähmung. „Noch nie gab es so wenige Fälle von Polio auf der Welt wie heute, das Ende von Neuinfektionen ist in greifbarer Nähe“, teilte Unicef zum heutigen Weltpoliotag mit. In diesem Jahr wurden weltweit bislang 51 Fälle offiziell registriert, das ist ein Rückgang um mehr als 99 Prozent seit 1988 – damals wurden rund 350.000 Fälle erfasst. In Deutschland gab es 1992 die letzten beiden importierten Fälle.

„Es gibt dramatische Fortschritte bei dem Ziel, Kinderlähmung vollständig zu beenden“, sagte Peter Crowley, Leiter der Polio-Abteilung von Unicef. „Aber bis alle Kinder überall auf der Welt lückenlos und routinemäßig gegen Polio geimpft sind, bleibt die Bedrohung bestehen. Wir dürfen nicht nachlassen, bis es weltweit kein einziges Kind ohne Impf­schutz mehr gibt“, so Crowley.

Das Polio-Virus wird hauptsächlich durch Fäkalien von Mensch zu Mensch übertragen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) trifft die Infektion vor allem Kinder unter fünf Jahren. Eine von 200 Infektionen führt zu dauerhaften Lähmungen. Von diesen Erkrankten sterben fünf bis zehn Prozent, weil die Atemmuskeln betroffen sind. Eine spezielle Therapie gegen das Virus gibt es nicht.

1988 startete die WHO ein globales Impfprogramm zur Ausrottung der Kinderlähmung bis 2018. Maßgeblich finanziert ist es von der Bill & Melinda Gates Stiftung, der Organisation Rotary International und einzelnen Staaten.

Kinderlähmung war einst die Hauptursache für schwere körperliche Behinderungen bei Kindern unter fünf Jahren. Durch Routine-Impfungen hat sie vielerorts ihren Schrecken verloren. In Indien beispielsweise wurden früher jährlich Tausende Kinder durch die Folgen der Krankheit gelähmt, inzwischen gab es dort seit vier Jahren keinen neuen Polio-Fall mehr.

Nachdem dieses Jahr Nigeria nach zwölf Monaten ohne neuen Fall von der Liste der Polio-endemischen Länder gestrichen wurde, ist die hoch ansteckende Viruskrankheit nur noch in Pakistan und Afghanistan verbreitet. Einzelne Polio-Fälle in Laos, Guinea, Syrien oder der Ukraine zeigen aber, dass nur flächendeckender Impfschutz neue Ausbrüche verhindern kann. In der Ukraine zum Beispiel sind laut Unicef weniger als 14 Prozent der Kinder gegen Kinderlähmung geimpft.

Das Kinderhilfswerk warnt deshalb davor, dass Kinderlähmung sich jederzeit wieder rasch ausbreiten kann. Das zeige zum Beispiel das Wiederauftreten von Polio in Syrien 2013 und im Irak 2014, nachdem Mädchen und Jungen in Folge des Konflikts nicht mehr routinemäßig geimpft wurden. Durch breit angelegte Impfkampagnen für Millionen von Kindern sei es Unicef und Partnern gelungen, den Ausbruch im nahen Osten zumindest vorläufig zu stoppen.

Auch in anderen Konfliktregionen mit erschwertem Zugang für Impfhelfer wie Nigeria, Jemen oder Südsudan sowie in den von Ebola betroffenen Ländern mit ihren geschwächten Gesundheitssystemen sei die Gefahr groß, dass nicht alle Kinder geimpft werden könnten und die Krankheit wieder auftrete, so das Hilfswerk.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung