Endotheliale Dysfunktion: E-Zigarette schädigt Blutgefäße

Philadelphia – Bereits der Dampf einer einzigen E-Zigarette führte in einer klinischen Studie in Radiology (2019; doi: 10.1148/radiol.2019190562) bei gesunden Probanden zu einer Funktionsstörung der Blutgefäße, die langfristig die Entwicklung einer Atherosklerose fördern könnte.
E-Zigaretten gelten als gesunde Alternative zum Rauchen, da der Dampf keine krebserregenden Verbrennungsprodukte der Tabakpflanze enthält. Viele jugendliche Anwender sind der Ansicht, dass sie neben dem Nikotin im Prinzip nur Wasserdampf inhalieren.
Dabei übersehen sie, dass die E-Zigaretten als Lösungsmittel Propylenglycol enthalten. Die Dampfentwicklung wird durch Glycerol verstärkt. Damit E-Zigaretten wie echte schmecken, werden Aromen zugefügt. Die Inhaltsstoffe werden von der Heizspirale der E-Zigarette erwärmt, wobei es zu chemischen Reaktionen kommt.
Mit der Inhalation des Dampfes gelangen mithin eine Reihe von potenziell toxischen Substanzen in die Lungen und über die Alveolen auch in den Blutkreislauf. Alessandra Caporale und Mitarbeiter der Perelman School of Medicine in Philadelphia haben jetzt an 31 gesunden jungen Probanden (mittleres Alter 24 Jahre) untersucht, welche Auswirkungen dies auf die Gefäßfunktion hat.
Alle Probanden waren Nichtraucher. Für das Experiment zogen sie 16 Mal an einer E-Zigarette und inhalierten den Dampf jedes Mal für 3 Sekunden. Das Liquid enthielt kein Nikotin, wohl aber Aromastoffe. Außerdem waren wie in allen E-Zigaretten Propylenglycol und Glycerol enthalten. Vor und nach dem Dampfen der E-Zigarette wurden mit der Magnetresonanztomografie Aufnahmen der Oberschenkelarterien, der Aorta und des Gehirns angefertigt.
Inhalierter E-Zigarette-Dampf schwächt Blutfluss-vermittelte Dilatation ab
Am Oberschenkel wurde außerdem ein Funktionstest der Endothelien durchgeführt. Dazu wird der Blutfluss mit einer Blutdruckmanschette vorübergehend unterbrochen. Bei der Wiederdurchblutung kommt es zu einer Erweiterung der Arterie, weil die Endothelien auf die Ischämie mit der Freisetzung von vasodilatorischen Substanzen, im wesentlichen das Stickoxid NO, reagieren. Es kommt zu einer Hyperämie, erkennbar an einer leichten Rötung des Beins.
Eine Abschwächung dieser Blutfluss-vermittelten Dilatation (Flow Mediated Dilatation, FMD) ist ein Zeichen für eine endotheliale Dysfunktion, die ein anerkannter Risikofaktor für die Entwicklung einer Atherosklerose ist.
Ergebnis: Nach der Inhalation des Dampfes der E-Zigarette kam es zu einem Rückgang der FMD um 34 %. Die Blutflussgeschwindigkeit war um 26 %, der maximale Blutfluss um 17,5 % vermindert.
Die Sauerstoffsättigung im venösen Blut ging vorübergehend um 20 % zurück. Die Pulswellengeschwindigkeit in der Aorta wurde leicht um 3 % gesenkt. Im Gehirn kam es nach der Inhalation des Dampfes zu keinen signifikanten Veränderungen.
Dass nur wenige Züge an einer E-Zigarette akute Störungen der Endothelfunktion auslösen, ist ein ominöses Zeichen, das für Studienleiter Felix Wehrli nichts Gutes erwarten lässt. Es sei zu befürchten, dass es auf Dauer zu einer Schädigung der Blutgefäße kommt, die dann das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.
Ob junge Menschen, die zu E-Zigaretten greifen, im Alter häufiger an Herzinfarkten und Schlaganfällen erkranken, wird sich erst in den nächsten Jahren in epidemiologischen Studien zeigen.
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