Engagement für Suchtkranke ausgezeichnet
Berlin – „Suchterkrankungen und übermäßiger Substanzkonsum sind ein bedeutendes epidemiologisches, sozial- und gesundheitspolitisches Problem – allein aufgrund des größten Suchtmittels Alkohol sterben jährlich rund 74.000 Menschen“, sagte Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), heute im Rahmen seiner Ansprache zur Verleihung des Diotima-Ehrenpreises in Berlin.
Den Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft erhalten in diesem Jahr gleich vier Experten, die sich für die Versorgung von Menschen mit Suchterkrankungen engagieren: Wilma Funke, Gerhard Bühringer, Johannes Lindenmeyer und Peter Missel. „Geehrt werden damit in diesem Jahr Kollegen, die sich in ihrer Berufslaufbahn auf verschiedene Weise dieser Patientengruppe gewidmet haben und maßgeblich dazu beigetragen haben, Psychotherapie in der Behandlung von Suchtkranken zu etablieren“, betonte Munz.
Den alarmierenden Prävalenz- und Todeszahlen stehen nach Ansicht der BPtK noch immer erhebliche Missstände in der Prävention und Behandlung entgegen. Hinzu kommt, dass Suchtkranke in besonderem Maß von Stigmatisierung betroffen seien, was zusätzlich befördere, dass die Betroffenen keine oder erst sehr spät eine Behandlung erhalten. „Auch in der psychotherapeutischen Praxis ist es noch keine Selbstverständlichkeit, suchtkranke Menschen zu behandeln“, betonte der BPtK-Präsident.
Einsatz für die Vernetzung unterschiedlicher Versorgungsbereiche
Wilma Funke ist leitende Psychologin in der Fachklinik Bad Tönisstein, 2010 wurde ihr der Professorentitel von der Katholischen Hochschule NRW in Köln verliehen. „Ihr beruflicher Weg ist geprägt sowohl durch ihre Tätigkeit in der Forschung als auch in der psychotherapeutischen Versorgung. Mit ihrem stetigen Engagement, beide Bereiche zu verbinden, hat sie Wesentliches erreicht, um Menschen mit Suchterkrankungen eine wissenschaftlich fundierte Versorgung anbieten zu können und zentralen Fragen der Versorgungspraxis wissenschaftlich nachzugehen“, heißt es in der Laudatio. So habe sie nicht nur zu einem fruchtbaren Austausch zwischen Praxis und Forschung beigetragen, sondern auch immer wieder zur Vernetzung unterschiedlicher Versorgungsbereiche.
Psychotherapie von Suchterkrankungen wissenschaftlich begründet
Gerhard Bühringer wurde nach langjähriger Arbeit am Institut für Therapieforschung in München 2005 auf die erste deutsche Professur für Suchtforschung an der Technischen Universität Dresden berufen, die er nach wie vor als Seniorprofessor leitet. „Sein gesamtes Berufsleben hat er sich der empirisch und experimentell begründeten Suchtforschung und der Entwicklung und Verbreitung von Behandlungsmethoden für Suchterkrankungen gewidmet. Damit hat er die Psychotherapie von Suchterkrankungen wissenschaftlich begründet und weiterentwickelt, und zwar gleichermaßen für stoffgebundene wie auch Verhaltenssüchte“, heißt es in der Laudatio. Er habe sich auf verschiedensten Ebenen für einen Wissenschaftstransfer und die Evaluation und Verbesserung der Prävention und Gesundheitsversorgung eingesetzt. Damit hat er die Suchtkrankenhilfe in Deutschland maßgeblich stimuliert und geformt.
Psychotherapie bei Suchterkrankungen im Versorgungssystem verankert
Johannes Lindenmeyer leitet die Salus Klinik Lindow und ist seit 2016 Honorarprofessor für psychosomatische und Suchtrehabilitation an der Technischen Universität Chemnitz. „Mit ihm wird ein Kollege geehrt, der die Psychotherapie bei Suchterkrankungen weiterentwickelt und im Versorgungssystem verankert hat. Der aber auch maßgeblich dazu beigetragen hat, dieses Wissen sowohl nachfolgenden Generationen von Psychotherapeutinnen und -therapeuten als auch Suchtkranken zur Verfügung zu stellen, auch indem er sich gezielt an Multiplikatoren und Medien gewandt hat.“ Erfolgreich im Sinne von wirksam war insbesondere sein Präventionsprogramm für Schulen „Lieber schlau als blau“, das Jugendlichen als kontrolliertes Trinkexperiment ermöglicht, die Auswirkungen von Alkohol zu erleben.
Psychotherapeuten als wichtige Berufsgruppe in der Rehabilitation von Suchtkranken
Peter Missel ist leitender Psychologe der Median Kliniken Daun – Am Rosenberg und Vorsitzender des Eifeler Verhaltenstherapie-Instituts. „Seinem Engagement und politischen Weitblick ist es zu verdanken, dass die Entwöhnungsbehandlung für Suchtkranke ein wesentlicher Bestandteil des Suchthilfesystems in Deutschland wurde und im internationalen Vergleich einzigartig ist. Er hat sich langjährig dafür eingesetzt, Psychotherapie als wesentliches Behandlungsmittel in der Entwöhnung und Psychotherapeuten als wichtige Berufsgruppe in der Rehabilitation von Suchtkranken zu etablieren“, so beschreibt die Laudatio Missels Verdienste.
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