ESC/EAS-Leitlinie empfiehlt aggressivere Lipidtherapie

Berlin/Paris – In der neuen Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) zur Dyslipidämie empfehlen die Autoren noch niedrigere Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C)-Zielwerte. Die Leitlinie wurde kürzlich in Paris beim ESC-Kongress vorgestellt und im European Heart Journal publiziert (2019; doi: 10.1093/eurheartj/ehz455).
Es würde nun eine noch aggressivere Lipidtherapie mit noch niedrigeren Zielwerten definiert, berichtete heute Ulrike Schatz vom Universitätsklinikum an der Technischen Universität Dresden auf einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) in Berlin. „Bei der Senkung des LDL-Cholesterins gilt der Leitspruch 'the lower the better' und 'the earlier the better'.“
Die niedrigsten Zielwerte empfehlen die Kardiologen Höchstrisikopatienten, die ein 2. vaskuläres Ereignis innerhalb von 2 Jahren erlitten haben trotz maximaler lipidsenkender Therapie: Ziel-LDL-C < 1,0 mmol/l /(< 40 mg/dl). Für Höchstrisikopatienten mit einem 10-Jahres-Risiko für kardiovaskulären Tod unter 10 % gilt ab sofort ein Ziel-LDL-C < 1,4 mmol/l (< 55 mg/dl) oder mindestens 50 % Reduktion des LDL-C.
Die aktualisierte Leitlinie von 2016 hatte Patienten mit einem sehr hohen Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis LDL-C-Absenkungen auf einen Wert von 70 mg/dl empfohlen – oder wenigstens um 50 %, wenn der Ausgangswert zwischen 70 und 135 mg/dl lag.
Niedrigere LDL-C-Werte auch für Patienten mit hohem und moderatem Risiko
Einen ähnlichen Maßstab legen die ESC/EAS-Experten jetzt bereits bei Hochrisikopatienten mit einem 10-Jahres-Risiko für kardiovaskulären Tod von 5-10 % an. Hier soll ein Ziel-LDL-C < 1,8 mmol/l (< 70 mg/dl) gelten oder mindestens 50 % LDL-C-Reduktion. Zu dieser Gruppe zählen unter anderem auch Patienten mit einer familiären Hypercholesterinämie. Eine Krankheit, bei der nur zirka 10 % der Betroffenen diagnostiziert werden würde, betonte Schatz. Die meisten (80 %) davon würden zudem ihre Behandlungsziele nicht erreichen.
Patienten mit moderatem Risiko (10-Jahres-Risiko für kardiovaskulären Tod 1-5 %) wird empfohlen, einen LDL-C-Wert < 2,6 mmol/l (< 100 mg/dl) anzustreben. Für Patienten mit niedrigem Risiko (10-Jahres-Risiko für kardiovaskulären Tod unter 1 %) gilt ein Ziel-LDL-C-Wert < 3 mmol/l (< 116 mg/dl).
„Alle Zielwerte sind um eine Stufe nach unten gerutscht aufgrund neuer Studiendaten, etwa der IMPROVE-IT-, der FOURIER- oder der ODYSSEY OUTCOMES-Studie“, fasste Schatz die neuen Empfehlungen zusammen. Auch die neue ACC/AHA-Leitlinie der Amerikaner verlasse inzwischen wieder die „Fire and Forget“-Strategie und stelle wieder auf Zielwerte für LDL-Cholesterin ab, so Schatz.
Stufentherapie bei Dyslipidämie
Bei der Behandlung von Fettstoffwechselstörungen wenden Ärzte eine Stufentherapie an. Basis sind Lebensstil- und Diätmaßnahmen. An zweiter Stelle stehen Statine, die nach wie vor als Goldstandard zählen. „Im nächsten Schritt können Ezetimib und gegebenenfalls Gallensäureresorptionshemmer zum Einsatz kommen“, erklärte die Internistin Schatz. In besonderen, vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegten Situationen, komme eine Antikörpertherapie zum Einsatz (PCSK9-Hemmer). Als Ultima Ratio stehe die Lipoproteinapherese zur Verfügung.
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