Ausland

EU-Mitgliedstaaten beschließen Kriterien für Verbot von hormonstörenden Stoffen

  • Dienstag, 4. Juli 2017

Brüssel – Die EU-Mitgliedstaaten haben sich nach langem Streit auf die Kriterien für das Verbot von hormonstörenden Stoffen geeinigt. Es handele sich um eine entschei­den­de Etappe, um gesundheits- und umweltschädliche Chemikalien verbieten zu können, teilte die EU-Kommission heute mit. Die Mitgliedstaaten seien dem ursprüng­lichen Vorschlag der EU-Behörde gefolgt.

Die für den Hormonhaushalt von Mensch und Tier schädlichen Substanzen können in Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln enthalten sein. Die Kritierien für ihre Erkennung sollen aber auch bei Spielzeug, Kosmetika und Lebensmittel­ver­packun­­gen angewandt werden können. Die Kriterien orientieren sich in großen Teilen an den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgelegten Merkmalen.

Der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling kritisierte den Beschluss. Gerade bei agrochemischen Stoffen wie Pestiziden sei er nicht zufrieden. „Die Formulierungen sind zu weich“, sagte er. In diesen Punkten weiche der Beschluss vom deutlich strengeren WHO-Vorbild ab. Stattdessen haben die Mitgliedstaaten Häusling zufolge dem Drängen der Agrarverbände nachgegeben. Diese hatten befürchtet, durch zu strenge Kriterien gar keine Pflanzenschutzmittel mehr einsetzen zu dürfen.

Problematisch ist Häusling zufolge vor allem, dass statt des Vorsorgeprinzips, wonach ein Verdacht ausreicht, um ein Mittel vom Markt zu nehmen, eine Nachweispflicht gelten soll. Da den Hormonhaushalt beeinflussende Stoffe meist langfristige Folgen haben, sei dies „beim Menschen ganz schwierig“ nachzuweisen.

Die EU-Kommission kündigte an, bis 2018 weitere wissenschaftliche Untersuchungen über die Wirkungsweise solcher Stoffe in Auftrag zu geben. 50 Millionen Euro will die Behörde in zehn verschiedene Projekte investieren.

Für Substanzen, die derzeit auf eine EU-Zulassung warten, sollen die Kriterien laut Kommission sofort angewendet werden. Grundsätzlich ist aber eine sechsmonatige Übergangsphase für die beiden zuständigen EU-Agenturen, die Europäische Chemika­lienagentur (Echa) sowie die Europäische Lebensmittelbehörde (Efsa), vorgesehen.

Die EU-Kommission hatte im Juni 2016 erstmals Kriterien zur Definition von hormon­störenden Stoffen vorgelegt und sich dabei auf die WHO-Merkmale gestützt. Die WHO definiert einen Stoff als sogenannten endokrinen Disruptor, wenn er eine schädigende Wirkung für die menschliche Gesundheit hat, im Blut wirksam wird und ein Zusammen­hang zwischen der schädigenden Wirkung und Veränderungen im Blut besteht.

Seit gut 20 Jahren weisen Forscher auf einen Anstieg mutmaßlich hormonbezogener Störungen hin – etwa auf die verschlechterte Spermienqualität oder den verfrühten Beginn der Pubertät. Zu endokrinen Disruptoren gehören unter anderem einige Pestizide, Dioxine sowie Kunststoffadditive, die beispielsweise in Baustoffen, Möbeln oder Fußbodenbelägen enthalten sein können.

afp

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