EU-Parlament warnt vor Folgen der Krise für Gesundheitsfürsorge
Straßburg – Das Europaparlament hat sich alarmiert über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Gesundheitsfürsorge in der EU geäußert. Die Gesundheitssysteme gerieten vor allem in den Krisenländern der Euro-Zone aufgrund des strikten Sparkurses zunehmend unter Druck, warnte die EU-Volksvertretung am Donnerstag in einer Entschließung.
Dies führe oft zum Ausschluss besonders schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen von ärztlicher Versorgung. Hart betroffen seien vor allem „chronisch Arme“ wie Langzeitarbeitslose oder Geringverdiener, alleinerziehende Frauen und ihre Kinder, Behinderte und alte Menschen.
Das Parlament verwies auf Untersuchungen, nach denen im Jahre 2011 fast ein Viertel der EU-Bevölkerung – an die 120 Millionen Menschen – von Armut und Ausgrenzung bedroht waren. Wenn Schutzbedürftige von ärztlicher Versorgung ausgeschlossen würden, sei dies „falsche Sparsamkeit“, weil dadurch die Kosten im Gesundheitswesen langfristig stiegen.
In vielen EU-Staaten seien die Ausgaben für soziale Dienstleistungen drastisch gekürzt und die Eigenbeteiligung für ärztliche Versorgung und Medikament erhöht worden, heißt es in der Entschließung. Gleichzeitig seien Renten und Sozialleistungen gesunken und die Arbeitslosigkeit massiv angestiegen.
Die EU-Kommission forderten die Abgeordneten auf, Informationen über die Sparmaßnahmen der EU-Staaten im Sozialbereich und bei der Gesundheitsfürsorge zu sammeln und auszuwerten. Die Brüsseler Behörde solle auch die sozialen Folgen dieser Sparmaßnahmen abschätzen.
Vor allem in den Krisenländern der Euro-Zone, etwa in Griechenland, werde immer mehr Menschen der Zugang zu medizinischer Versorgung erschwert, betonte die SPD-Politikerin Birgit Sippel. Bedürftige seien heute auf die Unterstützung durch Hilfsorganisationen angewiesen, deren Arbeit bisher vor allem außerhalb der EU benötigt wurde. Es sei „ein Skandal“, dass in der EU Menschen für ihre Medikamente betteln oder aus Armut ganz auf eine medizinische Versorgung verzichten müssten.
Die sozialdemokratische Fraktion im Europaparlament forderte unterdessen einen Untersuchungsausschuss, der die Aktivitäten der Troika – Vertreter von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) – in den EU-Krisenländern unter die Lupe nehmen soll. Dies teilte der SPD-Finanzexperte Udo Bullmann mit. Die Politik der Troika treibe die bereits angeschlagene Länder „immer weiter in die Rezession“, sagte er.
Das Parlament müsse die Vertreter der Troika in öffentlichen Anhörungen zur Rede stellen. „Die für die explodierende Arbeitslosigkeit und Armut Verantwortlichen müssen endlich Farbe für ihr Handeln bekennen.“
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