Ausland

EU-Staaten sollen bei der Patientensicherheit vorankommen

  • Mittwoch, 10. Dezember 2014

Brüssel – Die Gesundheitssysteme in Europa sollen noch mehr Gewicht auf die Patientensicherheit legen. Wege dazu seien unter anderem Leitlinien, eine noch intensivere Aus- und Fortbildung des Personals und die Schulung von Patienten. Ein entsprechendes Papier mit Empfehlungen zur Patientensicherheit im Allgemeinen und Schutz vor Infektionen und Antibiotikaresistenzen im Besonderen hat der Rat für Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz der Europäischen Union (EPSCO) jetzt angenommen.

Den Rat bilden die Gesundheits- beziehungsweise Verbraucherschutzminister der EU-Mitgliedsstaaten. Ihre Entscheidungen sind nicht rechtsverbindlich, sie dienen aber der politischen Orientierung und enthalten Handlungsaufforderungen an die Mitgliedstaaten.

Die Liste der Maßnahmen ist umfänglich. Sie beginnt mit der Aufforderung, „authorities in charge“ zu identifizieren, die im jeweiligen Land die Patientensicherheit voranbringen könnten, zum Beispiel wissenschaftliche Fachgesellschaften. Zentrale Punkte sind außerdem die Implementierung von Handlungsleitlinien und eine verbesserte auf Patientensicherheit ausgerichtete Ausbildung von Ärzten, Pflegepersonal und anderen. Wichtig sei außerdem eine Kultur des Lernens aus Fehlern und Beinahe-Fehlern, zum Beispiel in Form von „Critical Incident Reporting Systems“ (CIRS). Eine solche Kultur könne sich nur entwickeln, wenn das Gesundheitspersonal keine Angst vor negativen Sanktionen bei gemeldeten Fehlern haben müsse.

Auch der Patient spielt laut dem Papier eine eigene wichtige Rolle: „patient empowerment“ sei ein bedeutungsvoller Baustein in der Sicherheitskultur.

Bereits 2009 hatte die EU-Kommission eine Empfehlung zur Patientensicherheit vorgelegt und die EU-Mitgliedsländer auffordert, tätig zu werden. „Sowohl bei der EU-Abfrage im Jahr 2012 als auch bei der Evaluation 2014 zu dieser Empfehlung liegt Deutschland auf einem der Spitzenplätze, was die Umsetzung von Maßnahmen betrifft“, erläutert Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin und Vorsitzender der Qualitätssicherungs­gremien der Bundesärztekammer, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Dennoch gäbe es Handlungsbedarf. Die Ärztekammern arbeiteten zum Beispiel intensiv daran, das Thema Patientensicherheit in der Aus-, Weiter- und Fortbildung zu stärken.

Besonders wichtig ist laut Jonitz aber die Haltung, mit der einzelne Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. „Top-down-Vorgaben helfen nicht weiter, wenn diejenigen, die die Patientenversorgung leisten, nicht ausreichend mitgenommen werden, wenn die Sinnhaftigkeit und auch die Glaubwürdigkeit der Führungsverantwortlichen nicht entsprechend bei den Beteiligten ankommen“, betonte der Kammerpräsident. In Deutschland sei man hier einen guten Weg gegangen, der international Beachtung gefunden habe.

Jonitz stellte der bisherigen Brüsseler Arbeit in diesem Zusammenhang ein positives Zeugnis aus: „Es wurden alle EU-Mitgliedsstaaten an einen Tisch geholt, die unter­schiedlichen Erfahrungen aus den Ländern eingebracht und Projekte und Vorhaben in einem sehr kooperativen Stil entwickelt. Das Credo des Voneinander Lernens wurde groß geschrieben und in allen EU-Mitgliedsländern wurde das Thema Patientensicherheit stetig und an den jeweiligen landesspezifischen Voraussetzungen orientiert voran gebracht“, sagte Jonitz, der seit 2006 in der EU-Arbeitsgruppe „Patient Safety and Quality of Care Working Group“ mitarbeitet.

Der Kammerpräsident empfiehlt dringend, diesen Kurs beizubehalten. Ein Irrweg seien dagegen autoritäre Versuche, die medizinische Versorgung schablonenhaft zu normen. „Maschinen und Prozesse kann ich normieren, aber nicht Menschen. Und in der Medizin geht es immer um den Menschen, um den Patienten und denjenigen der sich um ihn kümmert“, so Jonitz.

Auch der 117. Deutsche Ärztetag 2014 in Düsseldorf hatte die Europäische Kommission aufgefordert, die geplante EU-Normungsverordnung nicht auf Gesundheits­dienst­leistungen anzuwenden.

hil

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