Europäische Pharmaindustrie trotz US-Handelspolitik optimistisch

Stuttgart – Die europäische Pharmaindustrie blickt einer Branchenbefragung zufolge trotz der allgemeinen Unsicherheit wegen der Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump zuversichtlich in die Zukunft.
„Die Nachfrage nach pharmazeutischen und biotechnologischen Produkten made in Germany or Europe wird global als leicht steigend eingeschätzt“, erklärte Philipp Temmel von der Managementberatung Horváth. Für das laufende Jahr erwarten demnach zwei Drittel der befragten Unternehmen ein Gewinnwachstum von mehr als fünf Prozent und 2026 nochmals in gleicher Höhe.
Für die Untersuchung führten die Horváth-Experten im ersten Quartal „Tiefeninterviews“ mit Vertretern von gut 30 marktführenden europäischen Pharma- und Biotech-Unternehmen. Demnach wird allgemein mit Folgen von Trumps aggressiver Zollpolitik auch für die Pharmaindustrie gerechnet.
Arzneiprodukte sind bislang von den Zöllen ausgenommen. In der Europäischen Union (EU) werden insbesondere in Irland viele Medikamente und Vorprodukte für den Export in die USA produziert. Auch Deutschland ist ein wichtiger Pharmastandort. Dass es bei der Pharmaausnahme bleibe, sei nicht sicher, erklärte Temmel. Daher sei „temporär mit vorgezogenen Käufen im Sinne von Bevorratung zu rechnen“.
Auf kurze Sicht könnte also der Absatz steigen – „welche Dynamiken sich nach diesem kurzfristigen ‚window of opportunity‘ nach Einführung der Zölle entwickeln, ist jedoch derzeit noch nicht absehbar“, führte der Horváth-Experte aus. Aller Voraussicht nach müssten sich die europäischen Unternehmen stärker nach alternativen Märkten umsehen.
Der heimische Markt und insbesondere Deutschland gilt demnach „in manchen Bereichen als ein neuer Wachstumsmarkt, da aufgrund der alternden Bevölkerung der Bedarf an Medikamenten“ steige, erklärte Temmel. Viele befragte Unternehmen gäben daher an, wieder stärker in ihre europäischen Standorte investieren zu wollen.
Er sprach von einer „eher unfreiwilligen Rückbesinnung auf Europa“, wegen der hohen Personalkosten und strengen Regulatorik. „Den herausfordernden Rahmenbedingungen begegnen die Firmen mit einem starken Fokus auf Kostenoptimierung, Effizienzsteigerung und strukturellen Anpassungen, ermöglicht vor allem durch Digitalisierung und insbesondere AI“, erklärte Temmel.
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