Europaparlament nimmt Gesetz zur Regelung von Auslandsbehandlungen an
Straßburg – Das Europaparlament hat heute ein Gesetz angenommen, dass den Patienten einheitliche Rechte bei medizinischen Behandlungen im EU-Ausland garantieren soll. Die Richtlinie regelt in erster Linie die Kostenerstattung für ambulante und stationäre Leistungen.
Die Patienten erhalten ferner das Recht, sich bei nationalen Anlaufstellen über die Behandlungsangebote, die medizinische Qualität der Versorgung und etwaige Ansprüche bei Behandlungsfehlern in anderen EU-Staaten zu informieren.
Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler begrüßte die Einigung: „Mit der Richtlinie erhalten alle Patienten in Europa ihre Rechte auf Inanspruchnahme von grenzüberschreitenden Gesundheitsleistungen schwarz auf weiß.
Das ist ein großer Erfolg für die Versicherten und eine Chance für unser exzellentes Gesundheitssystem. Ich bin sicher, dass sich Deutschland dem europäischen Wettbewerb erfolgreich stellen wird."
„Indem nur die Kosten zum Preis einer Behandlung im eigenen Land übernommen werden müssen, bleiben diese kontrollierbar“, so der Vizepräsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery.
Der 113. Deutsche Ärztetag im vergangenen Jahr in Dresden hatte sich ebenfalls dafür ausgesprochen, die Freizügigkeit von Patienten für einen europaweiten Zugang zu ärztlichen Leistungen über den medizinischen Notfall hinaus zu erleichtern. Die Delegierten des Ärztetags hatten die Bundesregierung und die Europäische Kommission aufgefordert, die entsprechenden rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen.
„Mit der Richtlinie wollen wir nicht den Medizintourismus innerhalb der EU fördern“, betonte EU-Gesundheitskommissar John Dalli nach der Verabschiedung des Regelwerks durch das Europaparlament (EP).
Momentan geben die EU-Länder etwa ein Prozent ihrer Gesundheitsbudgets für Auslandsbehandlungen aus. Das Regelwerk diene vielmehr dazu, einem Teil der EU-Bürger durch eine freie Arztwahl einen besseren Zugang zur Versorgung zu gewähren, so Dalli. Dies gelte beispielsweise für Patienten, die in ihrem Heimatland auf einer Warteliste stünden oder solche mit seltenen Erkrankungen.
Von der Richtlinie profitieren dürften auch Bürger in grenznahen Gebieten oder Patienten, die eine Operation lieber im Ausland durchführen lassen wollen, weil dort Familienangehörigen leben.
Der Gesundheitskommissar geht zugleich davon aus, dass die Richtlinie den Druck auf die Mitgliedstaaten erhöhen wird, die Qualität der Versorgung im eigenen Land zu verbessern. Auch erhofft er sich eine engere Zusammenarbeit in Bereichen wie E-Health oder bei der Bewertung medizinischer Technologien.
„Das Abstimmungsergebnis garantiert eine Balance zwischen dem Recht der Patienten, die bestmögliche Behandlung in der EU zu bekommen, und dem Schutz der nationalen Gesundheitssysteme", sagte die SPD-Europaabgeordnete Dagmar Roth-Behrendt. Um das Funktionieren und die Finanzierbarkeit ihrer Gesundheitssysteme gewährleisten zu können, dürfen die Mitgliedstaaten für Krankenhaus- oder Spezialbehandlungen Vorabgenehmigungen verlangen. Eine unbeschränkte Kostenübernahme für derartige Leistungen war den meisten Mitgliedsländern zu weit gegangen.
„Für die deutschen Patienten ändert sich durch die Richtlinie nicht so viel, da deutsche Krankenkassen in der Regel einen Aufenthalt im Ausland auch bisher schon erstattet haben“, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei, Peter Liese.
Die Verabschiedung des Gesetzes durch die EU-Regierungen ist nur noch eine reine Formsache, da der Kompromiss im Vorfeld schon von Vertretern des Rates und des EP ausgehandelt wurde. Die Mitgliedstaaten müssen die neuen Vorschriften dann bis Ende 2012 in nationales Recht umsetzen. /ps
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