Europarat will von Deutschland Ende der Kastration von Straftätern
Straßburg – Der Europarat hat Deutschland abermals aufgefordert, der chirurgischen Kastration von Sexualstraftätern in Deutschland ein Ende zu setzen. Auf Bundes- und Länderebene müssten Schritte unternommen werden, um diese Praxis definitiv zu beenden, forderte das Anti-Folter-Komitee der Länderorganisation in einem gestern in Straßburg veröffentlichten Bericht. Dazu müssten die entsprechenden Gesetzesvorschriften abgeändert werden.
Experten des Komitees hatten im vergangenen November und Dezember Gefängnisse in Frankfurt am Main und in Diez (Rheinland-Pfalz) sowie die sozialtherapeutische Anstalt von Baden-Württemberg besucht. Außerdem sprachen sie mit Vertretern des Bundesjustizministeriums. Diese teilten der Delegation laut Bericht mit, es werde derzeit darüber diskutiert, den Deutschen Ethikrat in die Diskussion über die Kastrationspraxis einzubeziehen.
Seit dem Jahr 2000 haben nach Angaben der deutschen Behörden 29 Straftäter einen Antrag auf chirurgische Kastration gestellt. Davon seien elf Anträge bewilligt worden. Gegenüber dem Zeitraum von 1970 bis 1980, als 430 Kastrationen vorgenommen wurden, seien diese Eingriffe heute „praktisch zu vernachlässigen“. Der Europarat hatte chirurgische Kastrationen wiederholt als nicht rückgängig zu machende und menschenunwürdige körperliche Verstümmelung kritisiert.
Insgesamt stellten die Mitglieder der Delegation Deutschland ein eher positives Zeugnis aus. Sie hätten bei ihren Inspektionen keine Beschwerden über Misshandlungen gehört. Auch die umstrittene Praxis, unruhige Häftlinge festzuschnallen, sei deutlich zurückgegangen. In seinem letzten Bericht zur Lage in Deutschland vom Februar 2012 hatte das Anti-Folter-Komitee dieses sogenannte Fixieren von Häftlingen beanstandet.
Dem Gremium gehören Juristen, Ärzte, Psychiater und Strafvollzugsexperten aus den 47 Europaratsländern an. Sie inspizieren in regelmäßigen Abständen Orte, an denen Menschen gegen ihren Willen festgehalten werden - Polizeiwachen, Gefängnisse oder geschlossene psychiatrische Anstalten.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: