Experten fordern spezialisierte Ambulanzen für seltene Erkrankungen
Berlin – Analog zu Schmerzambulanzen sollten spezialisierte Ambulanzen zur Diagnose von seltenen Erkrankungen aufgebaut werden, um Patienten im Fall einer schwierigen Diagnosestellung zu helfen. Das ist eine der Empfehlungen, die eine sechsköpfige Expertengruppe anlässlich des Tages der Seltenen Erkrankungen aufgestellt hat. Zudem sollten fachlich geschulte Case Manager bei den Krankenkassen Zugriff auf alle diagnoserelevanten Informationen erhalten und Patienten zu einem Zentrum für seltene Erkrankungen überweisen können, wenn diese schwer zu diagnostizieren sind.
Die Experten befürworten den Aufbau eines Versorgungsnetzes, „weil hierdurch ein allgemein anerkannter Standard für interdisziplinäre Zentren mit einer spezifischen Expertise geschaffen wird“, wie es in den Empfehlungen heißt. Die auf bestimmte Indikationsgebiete spezialisierten Zentren sollen dabei „weitgehend von unnötiger Bürokratie beim Off-Label-Use befreit werden“. Der Aufbau eines solchen Versorgungsnetzes zählt zu den 52 Maßnahmen, die das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit seltenen Erkrankungen (NAMSE) in den kommenden Jahren umsetzen will.
Seltene Erkrankungen stärker in der Aus-, Weiter- und Fortbildung verankern
Die Experten empfehlen darüber hinaus, dass die Diagnose und Behandlung von seltenen Erkrankungen Teil des Risikostrukturausgleichs werden soll, damit sich die Kosten für die einzelnen Krankenkassen reduzieren.
„Eine bestimmte Summe der verfügbaren Forschungsgelder sollte ausschließlich der Unterstützung der Erforschung von seltenen Erkrankungen an spezialisierten Kompetenzzentren vorbehalten sein“, lautet eine weitere Empfehlung. Auf diese Weise könne vermieden werden, dass Projekte zur Erforschung von seltenen Krankheiten mit Vorhaben zur Erforschung weit verbreiteter Krankheiten im Wettbewerb stehen.
Um früher eine korrekte Diagnose zu ermöglichen, sollten seltene Erkrankungen stärker in den Ausbildungscurricula von Ärzten und anderen Gesundheitsberufen berücksichtigt werden, empfehlen die Experten. Auch sollten seltene Erkrankungen häufiger Bestandteil von Weiter- und Fortbildung sein. „Aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Krankheitsbilder muss hierbei der Fokus auf Suchstrategien sowie der Kenntnis der spezialisierten Zentren beziehungsweise der noch aufzubauenden zentralen Informationsstruktur liegen“, heißt es in den Empfehlungen.
Ärzte sollen auf zentrales Informationsportal zugreifen können
Die Experten befürworten ein solches „zentrales, leicht auffindbares und öffentlich bekanntes Informationsportal“, auf dem Ärzte und Patienten verständliche und überprüfte Informationen und Ratschläge auffinden können, die eine erste Bewertung der Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte seltene Erkrankung zulassen und den Kontakt zu einem entsprechenden Zentrum herstellen.
Mitglieder der Expertengruppen sind Michael Hennrich (CDU), Martin Bommer, Chefarzt Klinik für Hämatologie, Onkologie, Infektiologie und Palliativmedizin, Alb-Fils Kliniken, Göppingen, Hermann Haller, Direktor der Klinik für Nieren- und Hochdruckerkrankungen, Medizinische Hochschule Hannover, Isabelle Jordans, Vorsitzende des Vereins Dialyse-Kinder Berlin, Dominik Müller, Oberarzt der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Nephrologie der Charité und Hubert Schrezenmeier, Ärztlicher Direktor und Medizinischer Geschäftsführer des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Immungenetik Ulm.
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