Experten warnen vor hoher Gefahr von Internetabhängigkeit

Berlin – Von Smartphones, Tablets oder Computern geht nach Sicht von Experten eine hohe Suchtgefahr aus. „Den digitalen Reizen zu widerstehen, fällt vielen Menschen in unserem Land, ja weltweit, schwer“, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler (CSU) heute bei einer Konferenz zu Internet- und Computerspielabhängigkeit in Berlin. Auf der Tagung bringen sich Wissenschaftler und Vertreter von Beratungsangeboten heute auf den neuesten Stand zu Suchtgefahren im Netz.
Zwischen 500.000 und 600.000 Menschen in Deutschland sind von Onlineangeboten abhängig. In der Bevölkerung trete das Problem damit schätzungsweise häufiger auf als Cannabis- oder Medikamentensucht, sagte der Psychologe Florian Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen.
Vor allem unter den Jüngsten entwickelt sich das Problem rasant: Die Zahl der Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren, die auf krankhafte Weise nicht ohne Internet auskommen können, habe sich nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) seit 2011 fast verdoppelt, sagte Mortler. Bedenklich sei auch, dass bereits 70 Prozent der Zwei- bis Fünfjährigen Smartphones benutzen. „Das ist problematisch, denn Kinder müssen in diesem Alter lernen, sich in der realen Welt zurechtzufinden“, sagte die Drogenbeauftragte. Sie mahnte zu einer „gesunden Online-Offline-Balance“.
Ein Forscher von der Arbeitsgruppe des Drogen- und Suchtrates appellierte auch an die Verantwortung von Lehrern. In Schulen müssten gefährdete Kinder und Jugendliche früh herausgefiltert werden, um sicherzugehen, dass diese nicht in eine Sucht hineinrutschen, sagte Hans-Jürgen Rumpf von der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie. Junge Altersgruppen seien häufiger betroffen – Studien zufolge leidet durchschnittlich mehr als einer von hundert Jugendlichen unter Internetabhängigkeit.
Für die schädlichste Form von Internetabhängigkeit hält Forscher Rumpf Smartphones am Steuer. In den USA sei ein Viertel aller Verkehrsunfälle bereits auf die Benutzung von Handys bei der Fahrt zurückzuführen. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) warnt hingegen vor Onlineglücksspielen. Wichtig sei, mit Beratungsangeboten über die Gefahren aufzuklären, teilte das bayerische Gesundheitsministerium mit.
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