Verdi hält Umwandlung der Pflegeversicherung für bezahlbar

Berlin – Die Umwandlung der gesetzlichen Pflegeversicherung in eine Vollversicherung würde laut einer Studie von Verdi jährlich zusätzlich rund 13 Milliarden Euro kosten. Dabei könnte die nötige Beitragssatzanhebung aufgrund von Verrechnungseffekten und weiterhin gewährten Steuerzuschüssen „merklich unter einem Prozentpunkt liegen", wie die Dienstleistungsgewerkschaft heute in Berlin mitteilte. Eine solidarische Vollversicherung sei nicht nur überfällig, sondern auch „bezahlbar".
Mit dem vom Osnabrücker Gesundheitsökonomen Markus Lüngen erstellten Gutachten liegen laut Gewerkschaft erstmals belastbare Zahlen über den zusätzlichen Finanzbedarf einer Vollversicherung vor. Die derzeitige soziale Pflegeversicherung in Deutschland ist keine Vollversicherung, sondern soll grundlegende Hilfe für Pflegebedürftige leisten. Damit mehr Menschen künftig auch privat für den Pflegefall vorsorgen, will die Koalition ab 2013 für den Abschluss einer Pflege-Tagegeldversicherung einen Zuschuss zahlen.
Verdi hält dieses Modell für sozial ungerecht, weil Geringverdiener und Bezieher mittlerer Einkommen sich die Zusatzversicherung kaum leisten könnten. Das derzeitige Konstrukt einer Teilkosten-Pflegeversicherung mit künftiger privater Zusatzabsicherung nutze nur denjenigen, die es sich leisten könnten, erklärte Verdi-Chef Frank Bsirske.
Aktueller Beitragssatz würde steigen
Dem Gutachten zufolge würde der aktuelle Beitragssatz durch die Umstellung auf eine solidarisch finanzierte Pflegevollversicherung von derzeit 1,95 Prozent um 1,3 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent steigen. Der Beitrag würde jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden. Bezogen auf ein mittleres Einkommen von 2.500 Euro würden Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile für die Pflegeversicherung dann von derzeit jeweils rund 24 Euro auf künftig rund 40 Euro steigen.
Laut Verdi würde der Anstieg der Sozialversicherungsbeiträge tatsächlich aber niedriger ausfallen, weil die gesetzliche Krankenversicherung bestimmte Leistungen im Umfang von 0,3 Prozentpunkten nicht mehr erbringen müsste. Zudem wenden die Kommunen derzeit 2,75 Milliarden Euro als "Hilfe zur Pflege" auf, die künftig aus Steuermitteln zur Verfügung gestellt werden könnten.
Damit gebe Verdi einen grundsätzlichen Anstoß für einen Richtungswechsel der Politik - weg von der privaten Teilkostenversicherung, hin zu einer solidarischen Finanzierung der Pflege als staatlicher Aufgabe, betonte Bsirske.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: