Vermischtes

„Kirchen gibt es überall und sie sind meist fußläufig zu erreichen“

  • Sonntag, 27. Juni 2021

Berlin – Seit Mitte Mai wird in der St. Antonius Kirche in Castrop-Rauxel geimpft. Die Aktion ist ein Bei­spiel für die Umsetzung der Impfkampagne auch außerhalb von Impfzentren und Arztpraxen. Die Initia­tive dafür kam von Magnus Heier, Facharzt für Neurologie. Das Deutsche Ärzteblatt (DÄ) sprach mit ihm.

Magnus Heier /Stefan Braun
Magnus Heier /Stefan Braun

Fünf Fragen an Magnus Heier, Facharzt für Neurologie.

DÄ: Herr Dr. Heier, was war der Anlass für die Aktion?
Magnus Heier: Ein Kollege suchte Räumlichkeiten, um sicherer und effizienter impfen zu können. Schräg gegenüber seiner Praxis ist eine Kirche – ich habe mit dem Pastor gesprochen, der sofort bereit war, die Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Zwei Wochen später hat die Arztpraxis erstmals für einen halben Tag in der Kirche geimpft.

DÄ: Warum impfen in der Kirche?
Heier: Weil die Kirche optimal ist. Es gibt eine große Grundfläche und Räume mit hohen Decken sowie getrennte Ein- und Ausgänge. Die Luft ist trocken und da die Kirchen bereits auf coronakonfor­me Gottesdienste eingestellt sind, ermöglichen die Sitzbänke ausreichend Abstand zwischen den Menschen.

Zwischendurch hatte ich den Eindruck, die Aktion habe noch gar nicht richtig angefangen, denn die Personen, die dort in der Kirche anwesend waren, verteilten sich so gut auf den Raum, dass es immer noch leer wirkte.

Schließlich gibt es noch die Seitenschiffe, die sich quasi als Impfstraßen anbieten. Und genau so haben wir das in St. Antonius auch gemacht – die Menschen kamen zu einer Tür herein und gingen zu einer anderen heraus – es gab also keine Kreuzung innerhalb der Impfaktion.

Im linken und rechten Seitenschiff wurde geimpft und im Mittelschiff haben die Patientinnen und Patienten 15 bis 30 Minuten gewartet, bis man sicher war, dass sie keine allergische Reaktion zeigen.

DÄ: Welchen logistischen Aufwand hat die Aktion bedeutet?
Heier: Der war gering. Die Kirche erfüllt bereits einen guten Teil der räumlichen Anforderungen. Vor Ort anwesend waren dann Ärztinnen und Ärzte sowie Teile des Personals aus der Praxis. Und aufgrund der Nähe zur Praxis war beispielsweise auch der Transport der Impfstoffe kein Problem. Darüber hinaus wurden in der Kirche Tische und Paravents aufgestellt und laminierte Schilder aufgehängt. Bänke mussten nicht verschoben werden. Also alles in allem bedeutete die Aktion keinen größeren Aufwand.

DÄ: Wie wurde das Angebot angenommen?
Heier: Am ersten Tag wurden um die 60 Personen pro Stunde geimpft, über mehrere Stunden lang. Mittlerweile sind über 700 Menschen in der St.-Antonius-Kirche geimpft worden.

DÄ: Inwiefern eignet sich die Aktion zur Nachahmung?
Heier: Sie eignet sich sehr. Ich denke, in Kirchen zu impfen könnte zum einen vermeiden, dass Praxen zu Hotspots werden – insbesondere, wenn deren Räumlichkeiten sehr beengt sind. Und zum anderen waren die Reaktionen der Kirchen sehr positiv, sowohl bei der katholischen als auch bei der evangelischen. Die haben ausnahmslos positiv, formlos und schnell reagiert und gesagt, dass sie die Idee ausdrücklich unter­stützen.

Zum Teil haben sie auch ihre Priester aufgefordert, auf entsprechende Anfragen positiv zu reagieren und die Kirchengebäude für die Impfung zur Verfügung zu stellen. Also das Entgegenkommen war groß und bietet Potenzial, solche Aktionen auszuweiten. Insofern hoffe ich, dass diese Idee Schule macht. In Eng­land wird ja teilweise auch schon in Kirchen geimpft.

Der Charme ist ja auch die Nähe zu den Praxen beziehungsweise den Patienten. Kirchen gibt es überall und sie sind meist fußläufig zu erreichen – ein Vorteil gerade auch für ältere oder gehbehinderte Men­­schen. Viel besser auch als die Impfzentren auf der grünen Wiese, irgendwo weit weg.

kk

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