Ärzteschaft

Facharzt für Schmerzmedizin gefordert

  • Mittwoch, 23. März 2011

Frankfurt/Main –  Die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS) dringt auf spezialisierte Fachärzte für Schmerzmedizin. „Die entsprechende Versorgung von Patienten ist seit 20 Jahren gleichbleibend schlecht“, sagte DGS-Präsident Gerhard Müller-Schwefe heute in Frankfurt am Main auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2011.

Universitäre Lehrinhalte müssten fortgeschrieben werden und eine Weiterbildung zum Facharzt ermöglichen. Er verwies auf ein von seiner Organisation entwickeltes Konzept einer integrierten Versorgung bei der Behandlung von Schmerzkranken.

Die Beschwerden eines unter steter körperlicher Pein leidenden Menschen müssten nicht als eine Begleiterscheinung, sondern als Krankheitsbild gesehen werden, sagte Müller-Schwefe. Er betonte: „Schmerzpatienten in Deutschland haben gute Gründe, unzufrieden zu sein.“

Der Experte erklärte, über Grad und Dauer der Wirksamkeit eines Medikaments beim jeweiligen Kranken sei der behandelnde Arzt oft nicht informiert, obwohl er das Mittel verordnete. In Praxen und Krankenhäuser überwiege ein „Desaster des Wissens“. „Auch wegen der Honorarlage verabschieden sich viele Ärzte aus einer Schmerztherapie“, fügte Müller-Schwefe hinzu.

„60 bis 80 Prozent der Ärzte glauben den von ihnen Behandelten die berichteten Schmerzen nicht“, sagte Michael Überall vom Nürnberger Institut für Qualitätssicherung in Schmerztherapie und Palliativmedizin auf der Tagung. Bei der Entwicklung fachlicher Leitlinien müssten Patienten gleichberechtigte Partner der Wissenschaftler sein.

Momentan denke noch fast jeder Arzt: „Schmerz - das kann ich auch“, sagte Überall. Die Erwartung betroffener Patienten und engagierter Therapeuten werde in bestehenden Standards wie der „Leitlinie zur Langzeitanwendung von Opioiden“ oft nicht reflektiert.

Erfolgreicher Versuch mit übergreifender Ärztebetreuung
„Die eingesetzten Opiate sind nicht das Problem“, ergänzte der DGS-Präsident. Er sprach von einer Fehl- oder Unterversorgung. Eine von ihm selbst geleitete Studie habe ergeben, dass Darreichungsform und Einnahmehäufigkeit solcher stark wirksamer Schmerzmittel die Zufriedenheit des Kranken bestimmen.

Konfrontiert mit den Angaben ihrer Patienten, sei die Hälfte der behandelnden Mediziner überrascht gewesen. Ein Drittel habe die Therapie dann umstellen wollen. Müller-Schwefe fragte: „Was wissen Ärzte eigentlich von ihren Patienten?“

Die Experten stellten auf der Tagung ein Modell zur integrierten Versorgung von Schmerzkranken vor, bei der Betroffene gleichzeitig von verschiedenen Fachärzten, Psychologen und Physiotherapeuten behandelt werden.

Das Verfahren habe bei 85 Prozent der 3.700 Patienten die Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt. Durch eine ähnliche Methode sei 82 Prozent der Patienten, die bereits eine Überweisung zur Rückenoperation in der Tasche hatten, ein Eingriff erspart geblieben.

dapd

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