Fachgesellschaft betont Bedeutung des erholsamen Schlafes
Marburg – Der Stellenwert des erholsamen Schlafes wird gesellschaftlich nicht hinreichend erkannt. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) hin. „Deutschland benötigt eine neue Schlafkultur“ sagte der DGSM Experte Hans-Günter Weeß. Über 80 Prozent der Bundesbürger würden gern später aufstehen. Die gesellschaftlich festgelegten Zeiten für den frühen Arbeits- und Schulbeginn seien nicht in Übereinstimmung mit der inneren Uhr der meisten Menschen.
Das beginne bereits in der Schule: Jugendliche kämen durch den auch im europäischen Vergleich sehr frühen Schulbeginn in Deutschland in ein chronisches Schlafdefizit. Die Folge seien Übermüdung und Lernschwierigkeiten. „Wenn die Schule nur eine Stunde später beginnen würde, dann würden die Schüler bessere Leistungen erbringen“, so Weeß. Aber auch Internet, Smartphones und PCs raubten insbesondere den Jugendlichen den Schlaf und führten zu weiterer Übermüdung in Schule und Unterricht.
Laut der Fachgesellschaft schlafen ungefähr 20 Prozent der Manager, Führungskräfte und Politiker weniger als fünf Stunden, mehr als die Hälfte der Spitzenkräfte in unserem Land fühle sich chronisch übermüdet und treffe doch in diesem kritischen Zustand wichtige Entscheidungen für Unternehmen und Gesellschaft.
„Lange hat die Gesellschaft das Thema Schlaf verschlafen“, betonte Weeß. Sechs Prozent der Deutschen wiesen behandlungsbedürftige Ein- und Durchschlafstörungen auf. Diese hätten eine hohe Chronifizierungsneigung und könnten Herz-Kreislauf Erkrankungen, Diabetes und vor allem psychische Störungen, wie Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen begünstigen. Ungefähr eine Million Bundesbürger nähmen aus diesem Grunde regelhaft Schlafmittel ein.
„Die schlafmedizinische Versorgung in Deutschland wird dem breiten Spektrum schlafmedizinischer Erkrankungen derzeit bei weitem nicht gerecht“, kritisierte der Vorsitzende der Fachgesellschaft Alfred Wiater. Ein Grund dafür sei, dass in die Problematik der Schlafstörungen nahezu alle medizinischen Fachdisziplinen einbezogen werden müssten, unser Gesundheitssystem jedoch auf Interdisziplinarität wenig ausgerichtet sei. Dazu komme, dass schlafmedizinische Leistungen in den Gebührenordnungen nicht hinreichend abgebildet seien, so Wiater.
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