Fachgesellschaft bewertet neuen Hebammenhilfevertrag kritisch

Berlin/Karlsruhe – Die für November 2025 geplante Inkraftsetzung des neuen Hebammenhilfevertrags wird von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) kritisch gesehen. Insbesondere die Regelungen für freiberuflich tätige Hebammen in geburtshilflichen Kliniken bergen nach Einschätzung der DGGG „erhebliche Probleme sowohl für die Qualität der Versorgung unserer Patientinnen als auch für die Hebammen selbst“.
In einer aktuellen Stellungnahme zum Hebammenhilfevertrag verweist die Fachgesellschaft darauf, dass freiberufliche Beleghebammen in Kliniken durch den neuen Vertrag in ihrer Tätigkeit eingeschränkt würden. Nach den aktuellen Bestimmungen dürften sie, mit wenigen Ausnahmen, nur noch stationäre Patientinnen betreuen und abrechnen, während die Betreuung ambulanter Patientinnen ausgeschlossen wird – dies führe zu mehreren kritischen Konsequenzen.
So sei die ambulante Betreuung von Schwangeren mit potenziell risikobehafteten Beschwerden, wie etwa Frühgeburtsbestrebungen oder unklaren Blutungen in der Schwangerschaft, ohne Hebammenbetreuung organisatorisch und medizinisch schwer zu gewährleisten.
In diesem Zusammenhang drohe auch eine Gefährdung der Versorgungsqualität, da eine ausschließlich ärztliche Betreuung ambulanter Patientinnen vor allem im Nachtdienst zu Verzögerungen führen könne. Unter Umständen könnten so „kritische Pathologien nicht zeitgerecht erkannt oder behandelt werden“.
Die Neuregelungen würden außerdem dazu führen, dass freiberuflich tätige Hebammen finanziell schlechter gestellt werden als bisher. Dies mindere laut DGGG die Attraktivität der Tätigkeit erheblich.
Die DGGG fordert daher eine dringende Überprüfung der geplanten Regelungen im Hinblick auf ihre Auswirkungen, insbesondere auf die Versorgungssicherheit schwangerer Frauen. Im Rahmen eines offenen Dialogverfahrens zwischen Kliniken, Hebammenverbänden und den zuständigen Kostenträgern sollten praktikable, rechtssichere und patientenorientierte Regelungen gefunden werden.
Auch der Deutsche Hebammenverband (DHV) sieht Probleme mit dem von der zuständigen Schiedsstelle festgesetzten neuen Hebammenhilfevertrag und verweist auf eine aktuelle Befragung zur Berufszufriedenheit. Demnach denken knapp 44 Prozent der Hebammen über einen Berufswechsel nach und 57 Prozent sehen die Zukunft ihrer Berufsgruppe negativ. Als Hauptgrund nannten 68 Prozent die geringe Vergütung.
Der DHV sieht mit den Regelungen des neuen Vertrags keine ausreichende wirtschaftliche Absicherung, um Hebammen sicher im Beruf zu halten. Die geplanten Anpassungen sorgen bereits seit Monaten für Kritik und Diskussionen – seitens des DHV wurde auch eine Klage am Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingereicht.
Unterstützung signalisierte unter anderem Emmi Zeulner (CSU), Obfrau der Unionsfraktion im Ausschuss für Gesundheit. Sie wolle die Umsetzung des neuen Hebammenhilfevertrags politisch eng begleiten, sagte Zeulner dem Deutschen Ärzteblatt.
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