Ärzteschaft

Fachgesellschaften betonen Sinnhaftigkeit des Gesundes-­Herz-Gesetzes

  • Donnerstag, 31. Oktober 2024
/Charlie's, stock.adobe.com
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Berlin – Herzmedizinische Fachgesellschaften sowie die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) unterstützen zusammen mit Patientenvertretern der Nationalen Herz-Allianz das geplante „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG). Kurz vor der ersten Debatte im Bundestag richten sie einen Appell an die Politik.

„Trotz hoher Gesundheitsausgaben belegt Deutschland in der Lebenserwartung den letzten Platz in Westeu­ropa – die Lebenserwartung der Deutschen liegt 1,7 Jahre unter dem Durchschnitt. Hauptgrund hierfür ist die unzureichende kardiovaskuläre Prävention“, betonten die Organisationen im Vorfeld der ersten Beratung des Gesetzentwurfes im Bundestag am 6. November.

Das GHG ziele darauf ab, die „alarmierende Situation der Herzgesundheit in Deutschland“ zu verbessern. Die Gesellschaften rufen Bundestagsabgeordnete auf, das Gesetz zu unterstützen und haben dazu einen Fakten­check vorgelegt.

Der Gesetzentwurf sieht unter anderem die erleichterte Verordnung von Statinen für Hoch-Risiko-Patienten vor. Das steht bei vielen Ärzten und Fachleuten auch in der Kritik.

Stephan Hofmeister, stellvertretender Vor­standsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), hält es zum Beispiel für absurd, mit der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD angeführten Begründung breiten Bevölkerungs­schichten, darunter auch Kindern, Statine zu verabreichen.

„Das sind Medikamente mit erheblichem Nebenwirkungspotenzial“, sagte Hofmeister kürzlich in einem Inter­view. Dafür gebe es keine Evidenz. Es sei im Grunde eine Bankrotterklärung, den Menschen Statine zu geben.

Den breiten Einsatz von Statinen hält der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, ebenfalls für problematisch. „Hier greift der Bund in die etab­lierten und gesetzlich geregelten Verfahren des Gemein­samen Bundesausschusses ein, der auf Grundlage evi­denzbasierter Daten und Studien bewertet, wann ein Leistungsanspruch auf eine medikamentöse Therapie gegeben ist und wann nicht“, monierte er.

Zudem komme in dem Entwurf zu kurz, verhaltenspräventive Maßnahmen zur Verbesserung der Herzgesund­heit und zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu fördern. Dazu gehörten beispielsweise Informa­tionen und Anreize für mehr Bewegung und eine gesunde Ernährung im Zusammenspiel mit einer koordinier­ten Versorgung durch Haus- und Fachärzte.

„Hierbei geht es nicht um eine Erweiterung der Indikation, wie es von Kritikern des Gesetzes oft missinter­pretiert wird. Vielmehr soll eine in Deutschland teilweise existierende Unterversorgung in der Primär- aber auch Sekundärpräven­tion adressiert werden“, betonten hingegen Vertreter der Nationalen Herz-Allianz. Bei Kosten von etwa 50 Euro pro Jahr und nachgewiesener Wirksamkeit sei dies eine kosteneffiziente Maßnahme zur Primärprävention, argumentierten sie.

Besonders besorgniserregend ist demzufolge die unzureichende Diagnostik genetisch bedingter Erkrankun­gen wie der familiären Hypercholesterinämie. Sie sei mit einer Prävalenz von rund 1:200 eine der häufigsten Erbkrankheiten.

In Deutschland seien aber deutlich weniger als fünf Prozent der Betroffenen diagnostiziert. „Eine gesetzliche Regelung zur Früherkennung dieser Erkrankung, insbesondere bei Kindern, könnte dazu beitragen, Herzinfark­te in jungen Jahren zu verhindern“, so die Hoffnung.

Die Gesellschaften betonen, das GHG sei „ein bedeutender Schritt, um die Herz-Kreislauf-Gesundheit der Be­völ­kerung zu verbessern“. Entscheidend sei aber, dass diese Initiative in eine umfassende nationale Herz-Kreis­lauf-Gesundheitsstrategie münde. Zu einer solchen gehöre unter anderem, dass Kinder gesund aufwüch­sen. Wichtig sei außerdem, die Laienreanimation zu fördern.

Das Gesunde-Herz-Gesetz soll die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Bevölkerung stärken und die Zahl kardiovaskulärer Erkrankungen senken. Geplant sind unter anderem Vorsorgeuntersuchungen für Kin­der und Jugendliche sowie Check-Ups bei Erwachsenen im Alter von 25, 35 und 50 Jahren.

Den Einladungen zu den Check-Ups sollen Gutscheine beigelegt werden, mit denen auch in Apotheken Bera­tungen und Blutdruckmessungen sowie Messungen von Risikofaktoren bei Diabetes vorgenommen werden können.

Die Verschreibung von Statinen soll deutlich ausgebaut werden. Inhalt des Gesetzes ist außerdem eine Aus­weitung der medikamentösen Therapie bei der Rauchentwöhnung: So soll der Anspruch der Versicherten künftig nicht mehr nur bei „schwerer Tabakabhängigkeit“ sondern auch häufiger als alle drei Jahre finanziert werden.

hil/nfs

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