Fallpauschalen für Schwangere mit drohender Frühgeburt setzen Fehlanreize
Stuttgart – Werdende Mütter, bei denen eine Frühgeburt droht, sollten in stationärer Beobachtung bleiben und hier viel oder ausschließliche liegen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) empfiehlt, die Schwangerschaft so lange wie möglich bis zum errechneten Geburtstermin aufrecht zu erhalten, damit eine Frühgeburt – wenn überhaupt – möglichst spät eintritt.
„Das prolongierende Vorgehen in der Geburtshilfe sollte medizinisch selbstverständlich sein, wir sind aber mit gegenteilig gesetzten Anreizen als Tendenz der Krankenkassen und der Selbstverwaltung konfrontiert, die uns irritieren“, sagte Thomas Dimpfl, Präsident der DGGG und Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum Kassel.
Die aktuelle Leitlinie zu „Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen“ empfehle beispielsweise bei der Präeklampsie ein abwartendes Vorgehen bei stationärer Beobachtung. Diese werde den Kliniken aber nicht sachgerecht vergütet. „Wenn die stationäre Aufnahme vor der Geburt nötig ist, dann erfolgt unabhängig von der Dauer nur eine pauschale Vergütung, erst nach sehr langer Zeit – zum Teil erst nach 30 bis 40 Tagen – erfolgt für die weitere Behandlung eine geringe tagesbezogene Kompensation“, sagte Matthias Beckmann, Leiter der Finanzierungskommission der DGGG und Klinikdirektor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Erlangen.
Schwangere, die ab der 24. Schwangerschaftswoche beobachtet werden müssten, würden häufig zu so genannten Langliegern, und obwohl die Maßnahme eindeutig sinnvoll sei, müsse das Klinikum dazuzahlen. „Wir fragen uns, ob damit nicht Fehlanreize gesetzt werden, die wir leicht vermeiden können“, sagte Beckmann. Ökonomische Anreize so zu setzen, dass Kinder möglichst kurz nach stationärer Aufnahme entbunden würden, und finanzielle Belohnungen für Frühgeburten seien der falsche Ansatz. „Hier benötigen wir eine Korrektur im System der DRG-Pauschalen“, fordert die DGGG.
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