Fibrinolyse bei Lungenembolie effektiv aber riskant
Mainz – Eine Fibrinolyse kann bei einer Lungenembolie die Blockade der Lungenarterien effektiv beseitigen, sie erhöht aber gleichzeitig das Risiko schwerer Blutungen. Zu dieser Gratwanderung kam es auch in einer internationalen Studie, die die Fibrinolyse auf Patienten mit rechtsventrikulärer Dysfunktion beschränkt hat. Laut der Publikation im New England Journal of Medicine (2014; 370: 1402-1411) wurde die Zahl der Todesfälle oder Kreislaufzusammenbrüche signifikant gesenkt. Es kam aber vermehrt zu schweren Blutungen und teilweise tödlichen Schlaganfällen.
Die Standardtherapie der Lungenembolie besteht heute in einer Antikoagulation mit Heparinen, die die langsame Wiedereröffnung der blockierten Lungenarterie fördert. Bei Patienten ohne rechtsventrikuläre Dysfunktion bleibt die Therapie darauf beschränkt. Bei einem drohenden Rechtsherzversagen ist eine rasche Beseitigung der Blockade erforderlich. Sie ist durch die Infusion eines Fibrinolytikums möglich – allerdings um den Preis eines erhöhten Blutungsrisikos.
Die Pulmonary Embolism Thrombolysis (PEITHO) hat die Fibrinolyse gezielt an Patienten untersucht, bei denen eine rechtsventrikuläre Dysfunktion (in Echokardiographie oder Computertomographie) und eine Herzmukelschädigung (positiver Troponintest) auf ein drohendes Rechtsherzversagen hindeuteten. Die Lungenembolie durfte nicht länger als 15 Tage zurückliegen. Die Studie wurde von französischen Medizinern konzipiert und vom französischen Ministerium für Gesundheit zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. An 76 Zentren größtenteils aus Europa wurden 1.006 Patienten auf zwei Studienarme randomisiert.
Alle Patienten wurden heparinisiert. Die Hälfte erhielt zusätzlich eine Kurzinfusion mit dem Enzym Tenecteplase in der Dosis von 30 mg bis 50 mg je nach Körpergewicht. Das Medikament wurde vom Hersteller Boehringer Ingelheim zur Verfügung gestellt. Primärer Endpunkt war ein Tod oder eine hämodynamische Dekompensation innerhalb von 7 Tagen nach der Randomisierung.
Er trat unter der (zusätzlichen) Fibrinolyse bei 2,6 Prozent der Patienten auf gegenüber 5,6 Prozent in der Vergleichsgruppe. Das Team um Prof. Stavros Konstantinides von der Universitätsmedizin Mainz errechnet eine Odds Ratio von 0,44, die bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,23 bis 0,87 signifikant ausfiel und deshalb für den Einsatz der Fibrinolyse spricht.
Der Einfluss auf die Zahl der Todesfälle war nicht signifikant. Die Sterberate bis zum Tag 7 war zwar mit 1,2 Prozent gegenüber 1,8 Prozent niedriger. Der Unterschied war jedoch nicht signifikant (Odds Ratio 0,65; 0,23–1,85). Dies hing damit zusammen, dass fünf von sechs Todesfällen im Fibrinolyse-Arm durch Blutungen ausgelöst wurden, davon vier durch Hirnblutungen. In der Kontrollgruppe starb einer von neun Patienten in den ersten sieben Tagen an einem Schlaganfall. Die nicht-tödlichen Apoplexe eingeschlossen, kam es im Fibrinolyse-Arm zu zehnmal mehr Schlaganfällen als in der Kontrollgruppe (2,0 Prozent versus 0,2 Prozent).
Unter dem Strich überwiegen (unter den Einschlusskriterien der Studie) die Vorteile der Fibrinolyse gegenüber den Risiken. Dennoch bleibt die Senkung des Blutungsrisikos für Konstantinides ein wichtiges Ziel für künftige Studien. Ein Ansatz könnte eine Dosissenkung bei älteren Patienten sein, meint der Studienleiter in der Pressemitteilung.
Der Editorialist Gregory Elliott vom Intermountain Medical Center in Murray/Utah regt dagegen eine Einschränkung bei der Auswahl der Patienten an. Er schlägt vor, die Fibrinolyse nur als Notfallmaßnahme „rescue fibrinolysis“ auf Patienten zu beschränken, die am meisten durch die Lungenembolie gefährdet seien. Für diesen Ansatz spricht das insgesamt seltene Auftreten des Endpunkts in der Kontrollstudie. Auch dieser Vorschlag müsste in weiteren Studien untersucht werden.
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