Vermischtes

Forscher entdecken lebensrettende Beinamputationen bei Ameisen

  • Mittwoch, 3. Juli 2024
Eine Matabele-Ameise behandelt die Wunde einer Artgenossin mit einer antimikrobiellen Substanz./Erik Frank, Uni Würzburg
Eine Matabele-Ameise behandelt die Wunde einer Artgenossin mit einer antimikrobiellen Substanz. /Erik Frank, Uni Würzburg

Würzburg – Auch Tiere führen Amputationen zur Lebensrettung durch. „Manche Ameisen beißen verletzte Gliedmaßen von Artgenossinnen ab, um deren Überleben zu sichern“, teilte die Julius-Maximilians-Universität Würzburg heute mit. „Ob sie diesen radikalen Schritt gehen, hängt davon ab, wie nah sich die Wunde am Körper befindet.“

Ein Team um den Würzburger Ameisenforscher Erik Frank, an dem auch Wissenschaftler der Universität Lausanne beteiligt sind, hat dieses Verhalten bei Florida-Holzameisen entdeckt (Nature Communications 2023; DOI: 10.1038/s41467-023-43885-w).

Der Eingriff verhindert, dass sich lebensge­fährliche Wundinfektionen ausbreiten. Die Erfolgsrate sei sehr gut: „Rund 90 Prozent der amputierten Tiere überleben die Behand­lung. Trotz des Verlusts eines ihrer sechs Beine können sie danach ihre Aufgaben im Nest wieder im vollen Umfang übernehmen.“

Die Ameisen amputierten nur, wenn die Beinverletzungen am Oberschenkel lägen. „Befinden sich die Wunden dagegen am Unterschenkel, wird niemals amputiert. Stattdessen treiben die Ameisen in solchen Fällen einen höheren Aufwand bei der Pflege der Verwundeten: Sie lecken die Wunden intensiv aus.“

Vermutlich säuberten sie sie damit von Bakterien. „Auch diese Therapie ist mit einer Überlebensrate von rund 75 Prozent relativ erfolgreich.“ Warum die Ameisen nicht immer amputieren, klärten die Forscher durch eigene Amputationen bei Ameisen mit verwundeten und bakteriell infizierten Unterschenkeln: „Die Überlebensrate nach der Amputation lag bei nur 20 Prozent.“

Computertomographische Untersuchungen hätten gezeigt, dass im Oberschenkel der Ameisen viele Muskeln säßen, deren Aktivität für die Zirkulation des „Blutes“ der Ameisen sorge, der Hämolymphe. „Ameisen besitzen kein zentral pumpendes Herz wie Menschen, sondern mehrere über den Körper verteilte Herzpumpen und Muskeln, die diese Funktion übernehmen.“

Verletzungen am Oberschenkel behinderten die Zirkulation. Weil der Blutfluss gemindert sei, gelangten Bak­terien nicht so schnell von der Wunde in den Körper. „In diesem Fall lohnt sich die Amputation: Bei schnellem Handeln ist die Chance groß, dass der Körper noch frei von Bakterien ist.“

Im Unterschenkel dagegen lägen keine für die Zirkulation der Hämolymphe relevanten Muskeln. „Ist er ver­wundet, dringen die Bakterien sehr schnell in den Körper vor. Das Zeitfenster für eine erfolgreiche Amputation ist dann eng, die Chance auf Rettung gering. Genau das scheinen die Ameisen zu wissen' wenn man es ver­menschlichend ausdrücken will“, so Erik Frank.

kna

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