Forscher erzeugen frühe Affenembryonen mit menschlichen Anteilen

La Jolla/Kalifornien und Kunming/Yunnan – Forscher aus den USA und China haben menschliche Stammzellen in Blastozysten von Javaaffen injiziert und die weitere Entwicklung im Labor beobachtet. Nach ihrem Bericht in Cell (2021; DOI: 10.1016/j.cell.2021.03.020) haben die menschlichen Zellen in den Affenembryonen bis zu 19 Tage überlebt und mit den Zellen der anderen Spezies kommuniziert. Das ferne Ziel der Forscher ist die Züchtung von menschlichen Spenderorganen in Tieren, wobei aber eher an Schweine als an Primaten gedacht ist.
Das Team um Izpisua Belmonte vom Salk Institut in La Jolla/Kalifornien und Weizhi Ji von der Universität in der Stadt Kunming in der Provinz Yunnan begründen ihre Forschung mit dem Mangel an Spenderorganen. Weltweit würden derzeit etwa 130.000 Organtransplantationen durchgeführt. Der Bedarf sei jedoch 10 mal höher.
Die meisten Patienten würden vergeblich auf ein Spenderorgan warten und viele auf der Warteliste sterben. Dieses Problem ließe sich vermeiden, wenn menschliche Organe beispielsweise in Schweinen gezüchtet werden könnten (die anatomisch in etwa die Organgröße des Menschen haben).
Möglich gemacht werden soll dies durch die Injektion von menschlichen Stammzellen in tierische Embryonen. Die Stammzellen sollen sich zu menschlichen Organen entwickeln, die später nach der Geburt und nach einem ausreichenden Wachstum „geerntet“ werden könnten, um sie Menschen einzupflanzen. Die Spendernieren kämen dann gewissermaßen vom Bauernhof, oder besser einer Hightech-Farm der Organzüchter.
Damit aus den Stammzellen ganze Organe werden, muss die Injektion frühzeitig erfolgen, bevor sich die 3 Keimblätter gebildet haben. Ein geeignetes Stadium ist die Blastozyste, die sich kurz vor der Implantation in den Uterus bildet. Belmonte hat hierzu vor einigen Jahren bereits Experimente durchgeführt und menschliche Stammzellen in die Blastozysten von Schweinen injiziert. Die Ergebnisse waren jedoch unbefriedigend.
Belmonte benötigte 1.500 Embryonen, um einen einzigen chimären Embryo aus Schwein und Mensch zu kreieren. Die Experimente blieben zudem auf das frühe Stadium der Embryonalentwicklung beschränkt. Eine Implantation in den Uterus wurde niemals versucht. Die Züchtung menschlicher Organe in Schweinen ist vor diesem Hintergrund derzeit keine realistische Perspektive.
Anders ist dies bei Nagern. Vor 4 Jahren berichteten japanische Forscher in Nature (2017; DOI: 10.1038/nature21070), wie sie durch die Injektion von Stammzellen Inselzellen des Pankreas in Ratten gezüchtet und diese später zur Behandlung eines Typ-1-Diabetes bei Mäusen verwendet haben. Mäuse und Ratten sind verwandtere Spezies als Mensch und Schwein. Die evolutionäre Distanz beträgt etwa 21 Millionen Jahre. Mensch und Schwein trennten sich bereits vor 90 Millionen Jahren.
Folglich hat Belmonte zusammen mit chinesischen Forschern die Experimente an Javaaffen fortgesetzt, die wie der Mensch zu den Primaten gehören. Die Versuche verliefen offenbar erfolgreicher als bei den Schweinen. Die Forscher injizierten die menschlichen Stammzellen in 132 Blastozysten. Nach 11 Tagen lebten noch 91, nach 17 Tagen waren es noch 12 und nach 19 Tage noch 3 Embryonen. Auch dieses Mal haben die Forscher nicht versucht, die Embryonen in einen Uterus zu implantieren, um damit lebensfähige Mischwesen von Mensch und Affen zu erzeugen. Der ethischen Problematik seien sie sich durchaus bewusst, versichern sie.
Ihr Ziel sei weiterhin die Produktion von Spenderorganen in evolutionär entfernteren Lebewesen (sprich: Schweinen). Die Experimente an den Affen dienten nur der Grundlagenforschung, um zu verstehen, wie die Zellen verschiedener Spezies miteinander kommunizieren.
Der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn der Experimente ist nicht ganz klar. Belmonte berichtet, dass die menschlichen Stammzellen in den Affenembryonen überlebt, sich vermehrt und verschiedene Zelllinien gebildet hätten. Es sei auch zu einem „Crosstalk“ zwischen den Zellen der verschiedenen Spezies gekommen.
Konkret wurden die Stammzellen im Hypoblast und im Epiblast des Embryos nachgewiesen. Aus dem Hypoblast entwickeln sich später die Keimblätter, aus denen der eigentliche Embryo entsteht. Das Epiblast ist Vorläufer der Plazenta. Wie sich die Stammzellen weiter entwickeln würden, ist nicht bekannt. Um dies herauszufinden, müssten die Embryonen wohl in einen Uterus implantiert werden, was jedoch nicht geplant ist und auf ethische Bedenken stoßen würde.
Die Erzeugung von Chimären ist in den USA zwar nicht verboten. Die Regierung hat allerdings öffentliche Forschungsgelder für Versuche an Chimären gestrichen. Die aktuellen Experimente wurden von der chinesischen Regierung, einer Universität in Spanien und von einer privaten US-Stiftung finanziell gefördert.
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