Ausland

Frankreich: Verfassungsrat entscheidet über Impfpflicht

  • Donnerstag, 19. März 2015

Paris – Wegen der großen Zahl von Masern-Fällen seit Jahresbeginn ist in Deutschland die Debatte über eine Impfpflicht wieder voll entbrannt. Nur in wenigen Ländern Westeuropas gibt es derzeit überhaupt noch eine Impfpflicht - darunter Italien und Frankreich. Bei den französischen Nachbarn steht die Impfpflicht jetzt aber auf dem Prüfstand: Der Verfassungsrat entscheidet am Freitag in Paris, ob die geltende Impfpflicht verfassungsgemäß ist.

Es geht um den Fall der Eltern Marc und Samia Larère, die sich geweigert hatten, ihre beiden Kinder impfen zu lassen. In Frankreich ist es Pflicht, Kinder gegen Diphterie, Tetanus und Kinderlähmung impfen zu lassen. Ohne diese Impfungen werden Kinder nicht in Krippen, Kindergärten, Schulen oder Kinder-Sommerlagern aufgenommen. Gegen Eltern, die diese Impfungen verweigern, können saftige Strafen verhängt werden. Im schlimmsten Fall drohen bis zu zwei Jahre Haft und 30.000 Euro Geldstrafe.

Tatsächlich wurden Marc und Samia Larère vergangenen Oktober vor das Strafgericht von Auxerre in der Region Burgund zitiert, weil sie ihre dreijährige Tochter und ihr 18 Monate altes Baby nicht impfen lassen wollten.  Der Prozess wurde aber unterbrochen, weil die Eltern zunächst die Verfassungsmäßigkeit der bestehenden Impfpflicht prüfen lassen wollten.

In dem Verfahren wurden dann Fragen aufgeworfen, die auch die Impfgegner in Deutschland umtreiben. So bestehen die Eltern auf einem Impfstoff „ohne Adjuvanzien“, also Verstärkerstoffe wie Aluminiumverbindungen, die von Impfgegnern als giftig und schädlich angesehen werden. Vor dem Verfassungsrat geht es daher nun um die Abwägung der Impfpflicht gegenüber dem in der französischen Verfassung garantierten Recht auf Gesundheit.

Die Eltern hatten sich auch dagegen gewehrt, dass Impfstoffe gegen Diphterie, Tetanus und Kinderlähmung derzeit in der Regel mit weiteren Impfstoffen etwa gegen Keuch­husten, Hepatitis B oder Meningitis kombiniert sind, die wiederum nicht verpflichtend sind. Auf ihren Wunsch hin erhielten die Eltern von einer Pharmafirma zwar ausnahms­weise Impfstoffe nur für die drei Impfpflicht-Krankheiten, diese enthielten nach Angaben der Familie aber Quecksilber als Zusatzstoff.

Die Eltern kämpfen nun für die „therapeutische Freiheit“. Bei einer Anhörung vor dem Verfassungsrat vor rund zehn Tagen hob ihr Anwalt hervor, dass die drei von der Impfpflicht betroffenen Krankheiten in Frankreich und Europa verschwunden seien. „Wir sind nicht mehr im Gleichklang mit den europäischen Ländern um uns herum“, hob er mit Blick auf die Impfpflicht hervor.

Für Frankreich könnte eine Änderung bei der Impfpflicht weitreichende Folgen haben, denn in dem Land wird auch flächendeckend gegen andere Krankheiten geimpft, bei denen die Impfung zwar nicht verpflichtend, aber von den Gesundheitsbehörden empfohlen ist. Dazu zählen Masern, Röteln und Mumps.

Diese Impfungen werden auch in Deutschland vom Robert-Koch-Institut empfohlen, ebenso wie die drei in Frankreich verpflichtenden Impfungen. Auch ohne Impfpflicht wird in Deutschland bei Masern eine Impfquote bei Schulanfängern von bundesweit 96,7 Prozent nach den Zahlen von 2012 erreicht. Für die entscheidende zweite Masernimpfung wurde eine Quote von 95 Prozent allerdings nur in zwei Bundesländern erzielt.

afp

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