Medizin

Fructose: Süßgetränke als Gichtrisiko

  • Mittwoch, 10. November 2010

Boston – Der häufige Genuss von Süßgetränken oder Orangensaft erhöhte in einer prospektiven Beobachtungsstudie im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA doi: 10.1001/jama.2010.1638) bei Frauen das Gichtrisiko.

Die Gicht ist schon lange nicht mehr das Privileg von Königen und Adligen, die sich nach opulenten Mahlen mit einer Podagra im Bett wälzten. Purinreiche Nahrungsmittel, zu denen keineswegs nur Fleisch gehört, sind in den Industrieländern für jedermann im Überfluss vorhanden.

Es wundert deshalb nicht, dass die Inzidenz der Erkrankung in den USA seit den 70er Jahren von 16 auf 42 pro 100.000 gestiegen ist. Gleichzeitig hat der Konsum von Süßgetränken zugenommen, die aus Kostengründen zumeist mit Fructosesirup versetzt werden.

Fructose ist aber das einzige Kohlehydrat, das im Körper die Konzentration von Harnsäure ansteigen lässt. Der biochemische Weg ist bekannt: Fructose wird durch die Fructokinase zu Fructose-1-Phosphat abgebaut. Das dabei entstehende ATP wird zu AMP abgebaut, das ein Baustein bei der Harnsäuresynthese ist (siehe Abbildung in der aktuellen Publikation).

Vor zwei Jahren konnte Hyon Choi von der Harvard Medical School in Boston bereits zeigen, dass der häufige Genuss von fructosehaltigen Süßgetränken das Gichtrisiko bei Männern erhöht: Bereits bei einem Getränk am Tag stieg das Risiko um 45 Prozent, bei zwei Getränken um 85 Prozent. Im Quintil mit der höchsten Zufuhr kam es doppelt so häufig zur Gicht wie im Quintil mit der niedrigsten Zufuhr (BMJ 2008; 336: 309).

Jetzt hat der Autor die Studie an den Teilnehmerinnen der Nurses' Health Study wiederholt. Unter den 78.906 Krankenschwestern, die zu Beginn der Studie 1984 noch nicht an einer Gicht erkrankt waren, wurde die Diagnose in den folgenden 22 Jahren 778 Mal gestellt. Diese geringe Anzahl zeigt schon, dass das absolute Risiko gering ist.

Doch relativ zu den Frauen, die fructosehaltige Getränke meiden, erkrankten jene, die einmal am Tag danach griffen, zu 74 Prozent häufiger. Bei zwei oder mehr täglichen Getränken war das Risiko 2,4-fach erhöht. Choi kann auch für Orangensaft ein ähnliches Risiko nachweisen.

Auch wenn die Gefahr für den einzelnen Konsumenten gering ist, sollten Ärzte die Auswirkungen der Fructose auf den Harnsäurespiegel im Hinterkopf haben, meint Choi. Der Verzicht auf die ernährungsphysiologisch unnötigen Getränke könnte der einen oder anderen Patientin das nächtliche Zipperlein oder auch eine Arthritis an anderen Gelenken ersparen.

rme

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