Ärzteschaft

Frühe Nutzenbewertung: IQWiG widerspricht onkologischer Fachgesellschaft

  • Donnerstag, 21. März 2013

Köln – Mit einem offenen Brief hat sich das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizi­nische Onkologie (DGHO) gewandt und Aussagen der Fachgesellschaft zurückgewiesen. „Wir stimmen völlig mit Ihnen überein, dass die Bewertung eines Onkologikums nicht allein von einer möglichen Verlängerung der Überlebenszeit abhängig gemacht werden sollte. Nicht nachvollziehbar ist für uns daher die Behauptung, das IQWiG berücksichtige bei seiner Bewertung Morbidität, Lebensqualität und Nebenwirkungen nur formal“, heißt es in dem Brief.

Das IQWiG bezieht sich auf eine Presseveröffentlichung der DGHO vom 8. März. Die Fachgesellschaft fordert darin, patientenbezogene Parameter wie die Lebensqualität bei der Bewertung von Arzneimitteln stärker zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung neuer Arzneimittel in der Hämatologie und Onkologie dürfe die Bewertung nicht allein von einer möglichen Verlängerung der Überlebenszeit abhängen, so die DGHO in der Veröffent­lichung.

„Es gibt keine einzige Dossierbewertung zu Onkologika, in der nicht diese Endpunkte einer aufmerksamen inhaltlichen Bewertung unterzogen worden wären“, meinen dagegen Jürgen Windeler und Beate Wieseler vom IQWiG. So seien in die Bewertung von Abirateron für Patienten mit Prostatakarzinom Symptome wie Schmerz oder skelettale Ereignisse eingegangen. In den Studien zu Ipilimumab und Vemurafenib mit Patienten mit Melanom habe das IQWiG die gesundheitsbezogene Lebensqualität in die Bewertung einbezogen.

„Nicht zuletzt geht die große Bedeutung patientenrelevanter Endpunkte für die IQWiG-Bewertungen seit Jahren aus dem Methodenpapier des IQWiG eindeutig hervor“, heißt es in dem Brief des IQWiG weiter.

Unverständlich sei auch die Aussage der DGHO, dass die Stimme der Patienten im Bewertungsprozess kaum Gehör finde. Zuerst seien es die Beschreibungen von Symptomatik und gesundheitsbezogener Lebensqualität sowie von Nebenwirkungen durch die in die Studien eingeschlossenen Patienten selbst, die das Ergebnis der Nutzenbewertung bestimmten. Dabei gingen die Erfahrungen von betroffenen Patienten direkt und methodisch valide in die Aussage zum Zusatznutzen ein, so das Qualitätsinstitut.

Die DGHO hatte in der Veröffentlichung am 8. März dagegen gemeint, dass die Gremien Patientenvertreter nur „im Prinzip“ anhörten. Die Patientenorganisationen hätten nur drei Wochen Zeit, sich auf Basis des von den Herstellern eingereichten Dossiers in die Materie einzulesen. Das sei für viele Organisationen viel zu kurz. „Die Konsequenz ist, dass einige der Entscheidungen der letzten anderthalb Jahre deutlich einen Mangel an Patienteneinbindung erkennen lassen“, so die DGHO.

hil

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